Isabel García über Kommunikation und die Superhelden in uns

Isabel García ist Kommunikationsexpertin und sagt mit ihrem neuen Buch „Ich kann auch anders“ dem einfachen Schubladendenken in Kommunikationsmodellen den Kampf an. Wir sind eben nicht nur Typ rot, blau, gelb oder grün, und auch nicht nur intro- oder extrovertiert. Wir sind vielseitiger, denken und kommunizieren in verschiedenen Situationen und Umgebungen anders. Sie beschreibt im Buch erstmals ihr Kommunikationsmodell, das sie seit Jahren erfolgreich in Trainings und Seminaren einsetzt. Im Interview habe ich Isabel gefragt, was es mit den vier Elementaren Kommunikationstypen® auf sich hat und wie insbesondere Führungskräfte, Angestellte und Bewerber dieses Modell für ihre Kommunikation nutzen können.

Liebe Isabel, bitte stelle Dich kurz vor.

Isabel García: Ich beschäftige mich schon seit meinem 14. Lebensjahr mit dem Thema Stimme, Kommunikation und Rhetorik. Ich habe als Gesangslehrerin gearbeitet, als Radiomoderatorin, bin Diplomsprecherin, Bestsellerautorin, Kommunikationsexpertin und mittlerweile 46 Jahre alt.

Noch ein Buch zu Kommunikation? Da gibt es ja schon reichlich Ratgeber. Warum war es Dir wichtig, dieses Buch zu schreiben und wer sollte es lesen?

Isabel García: Gerade gestern habe ich ein Training zu meinem Modell gegeben und leuchtende Augen schauten mich an und meinten: „Das ja für jeden etwas. Für Schüler, für Führungskräfte, für den privaten Gebrauch, einfach für jeden!“

Und das stimmt. Warum es mir wichtig war, ein Buch darüber zu schreiben? Weil ich mit den bisherigen nicht zufrieden war. Zu viel Schubladendenken und wenig Möglichkeit für effiziente Weiterentwicklung. Da ich aus langjähriger Erfahrung weiß, dass mein Modell unglaublich erfolgreich ist, habe ich nun endlich ein Buch dazu heraus gebracht.

In Deinem Kommunikationsmodell spielen neben Herrn Stegmann vier Superhelden die zentrale Rolle. Wer sind sie und was sind ihre Superkräfte?

Isabel García: Als Metapher habe ich folgende Kommunikationstypen kreiert: Den Erde- und Feuer-Supermann und die Luft- und Wasser-Superfrau. Vier Superhelden, die in jedem von uns schlummern und nur darauf warten, ausgelebt zu werden. Ich zeige ihre Stärken und ihre Schwächen. Und wenn Sie zum Beispiel einem Superhelden häufig die Führung überlassen, der Sie immer wieder in dieselben kommunikativen Sackgassen laufen lässt, so haben Sie mit meinem Modell die Möglichkeit, einfach einen anderen Superhelden zu aktiveren, der das Problem löst.

Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder von uns jeden Kommunikationstypen in sich hat. Wir leben nur nicht alle aus. Wir könnten, aber wir tun es häufig nicht. Und ich zeige einen Weg, wie jeder jeden Kommunikationstypen in sich aktivieren und gezielt einsetzen kann.

Was haben Mitarbeiter davon, wenn sie wissen, dass ihr Chef zum Beispiel ein „Feuer-Typ“ ist?

Isabel García: Dann verstehen sie, warum er stets Recht behalten will, nicht zuhören kann, ständig im Mittelpunkt stehen muss und nie einen Fehler zugibt. Feuer geht aus, wenn Sie kein Brennholz nachlegen. Ein Feuer-Typ stirbt, wenn er keine Aufmerksamkeit bekommt. Wenn er zuhört, dann steht er nicht im Mittelpunkt und stirbt. Wenn er einen Fehler zugibt, dann wird er nicht mehr bewundert und stirbt. Wenn er in die zweite Reihe rückt, dann stirbt er.

Die Mitarbeiter könnten erkennen, dass ihr Chef es nicht macht, weil er sie nicht mag, sondern weil er derzeit nicht anders kann. Ich zeige, wie sie am besten damit umgehen, damit es sie nicht so sehr belastet. Ebenso wie sie mit ihm reden können, wenn er gerade in Feuer ist. Aber da jeder Mensch alle vier Superhelden in sich hat, könnten sie auch warten, bis ihr Chef das Element wechselt und erst dann wichtige Themen mit ihm besprechen.

Wie finde ich für mich selbst heraus, ob ich eher Feuer, Luft, Wasser oder Erde bin?

Isabel García: Erstens: Indem Du das Buch „Ich kann auch anders“ liest ;-) Zweitens: Indem du die Gesten übst, die ich in dem Buch und den Videos zum Buch vorstelle. Das Buch ist die Theorie und viele können sich gar nicht vorstellen, dass es so einfach sein kann. Erst wenn sie es dann ausprobiert haben, spüren sie am eigenen Leib, wie leicht es ist, wie simpel und wie effektiv.

Du kombinierst die 4 Elemente mit 6 Gesten. Was hat es damit auf sich?

Isabel García: Die Gesten brauche ich für die klassische Konditionierung. Die Gesten sind: Deuten, Innenraum, Zweifel, Antipathie, Sympathie und Neutral. Allein schon bei der Sympathiegeste können Sie Sympathie empfinden, nicht weil sondern obwohl jemand vor Ihnen steht, den Sie nicht mögen. Mit Antipathie können Sie entschlossen Nein sagen, wenn Ihnen mal wieder jemand seine Arbeit aufdrücken will. Mit Neutal können Sie ein souveränes Poker-Face aufsetzen, mit Deuten zeigen Sie ein starkes Interesse an anderen und mit der Innenraumgeste schaffen Sie es selbst als emotionsloser Brocken ein mitfühlendes Mitarbeitergespräch zu führen.

Diese sechs Gesten breche ich durch die vier Elemente. Sobald Sie dies üben, spüren Sie deutlich die jeweiligen Stärken und Schwächen eines Elements am eigenen Leib. Und falls Sie Choleriker (Feuer) sind und dann wissen, dass Sie bei Konflikten nicht mehr wertschätzend und sachlich argumentieren, dann gehen Sie einfach in die Erde. Nach der klassischen Konditionierung brauchen Sie nur an eine Geste und/oder ein Element zu denken und haben sofort die passende Stimmung. Im Körper, in der Stimme, in der Mimik und bei der Wortwahl.

In Videos zum Buch zeigst Du, wie wir diese Gesten üben können. Ist das nicht eher etwas für Schauspieler auf der Bühne und alles andere als authentisch im echten Leben?

Isabel García: Genauso wirkt es auf den ersten Blick. Das ist mir bewusst. Mein Modell basiert auf einem Schauspielmodell, doch ich habe es staubtrockenen Führungskräften beigebracht, die mir am Anfang einen Vogel gezeigt haben, aber nach ein paar Tagen und Wochen nicht mehr ohne dieses machtvolle Werkzeug in ein wichtiges Gespräch gehen. Ja, es ist auf den ersten Blick albern, aber es ist eines der machtvollsten Rhetorik-Werkzeuge, die ich kenne.

Viele Bewerber haben Angst vor dem Vorstellungsgespräch. Wie können sie Dein Kommunikationsmodell für sich nutzen?

Isabel García: Bei den Elementaren Kommunikationstypen® erkläre ich die Stärken und Schwächen von jedem Superhelden. In Vorstellungsgesprächen nutzen wir häufig unbewusst die Luft-Superfrau. Die ist in vielen Aspekten des Lebens hilfreich, doch nicht bei einem Vorstellungsgespräch. Denn die Luft redet ohne Punkt und Komma, lässt sich leicht verunsichern, erzählt dadurch Dinge, die sie gar nicht sagen wollte, hat dabei eine unsichere Körpersprache und eine hohe, unsichere Stimme.

Da würde ich zum Erde-Supermann raten. Denn die Erde strahlt Ruhe aus. Erde spricht nur dann, wenn ein Gleichheitszeichen vor dem Satz steht. Erde wirkt dadurch unglaublich stark, souverän und überzeugend. Wenn Sie die Gesten mit den Elementen in Erde geübt haben, dann brauchen Sie nur an die Erde zu denken und können alle diese Stärken in sich aktivieren. Ohne Schauspiel. Denn wenn Sie etwas aktivieren, das schon in Ihnen steckt, dann hat das mit Schauspielerei nichts mehr zu tun.

Ich habe auch viele Führungskräfte unter meinen Lesern hier im Blog. Was beobachtest Du heute in der Führungskommunikation und was sollten Führungskräfte anders machen?

Isabel García: Ich sehe häufig, dass sich männliche und weibliche Führungskräfte hauptsächlich mit den vermeintlich starken Superhelden nach oben arbeiten. Und zwar mit dem Feuer- und Erde-Supermann. Beide Elemente verkörpern den Hochstatus und sie strahlen Stärke aus. Hochstatus bedeutet, dass Sie sicher stehen, eine aufrechte Haltung haben, dem Gesprächspartner mit einem festen Blick anschauen, der Händedruck ebenso entschieden ist, Ihre Körpersprache groß und die Stimme kraftvoll. Dies schaffen Sie sowohl mit der Erde, als auch mit dem Feuer. Doch beide Elemente sind nicht verbindend. Das bedeutet, dass Sie den Kontakt zur Basis verlieren. Zum Team. Zu den Mitarbeitern, die das Unternehmen so besonders wertvoll machen.

Es gibt viele Situationen, wo es sinnvoll wäre, die Elemente Luft und Wasser zu nutzen. Denn Luft steht für Neugierde und Leichtigkeit. Die Luft interessiert sich für andere Menschen und Meinungen und steht auch gerne mal in der zweiten Reihe. Luft ist ein Teamplayer und denkt weniger an ICH und mehr an WIR. Dem Wasser ist das Team auch wichtig, weil sie gerne Harmonie hat. Sie ist unglaublich empahtisch und hat für jeden ein offenes Ohr. Mit Luft und Wasser können Sie Beziehungen pflegen. Mit Feuer und Erde sind Sie ein souveräner Rudelführer, der aber unerreichbar auf einem Sockel steht.

Ich habe schon einige Führungskräfte scheitern sehen, weil sie sich nur auf den Hochstatus (Feuer / Erde) konzentriert haben und den Tiefstatus (Luft / Wasser) komplett ignorierten. Den Tiefstatus erkennen Sie daran, dass jemand auch gerne mal in der zweiten Reihe steht, dass ihm seine Meinung nicht wichtiger ist als die seines Gegenübers, dass er leiser spricht, den Kopf eher etwas senkt, einen unruhigen Stand hat und die Schultern etwas nach vorne fallen lässt. Das wirkt nicht so überzeugend, aber dafür sind diese Menschen ein Teil des Teams. Daher ist sowohl der Tief-, als auch der Hochstatus wichtig für eine Führungskraft.

Führungskräfte könnten häufiger mal in den Tiefstatus gehen, in die zweite Reihe treten und dem Mitarbeiter mit seiner Meinung das Gespräch überlassen. Sie könnten ehrlich neugierig sein, was der Mitarbeiter zu erzählen hat, um auf Augenhöhe und somit in einen tieferen Status zu kommen.

Zum Schluss der Blick in die Glaskugel: Was glaubst Du, wie wird Kommunikation im beruflichen Kontext in 10 Jahren aussehen? Was hat sich bis dahin verändert?

Isabel García: Ich denke, dass wir mehr Frauen in der Führungsebene haben werden. Und zwar nicht durch die Frauenquote, sondern weil unsere Gesellschaft immer mehr in Richtung Beziehungsdenken tendiert und vom Hierarchiedenken immer mehr Abschied nimmt. Das können wir derzeit nur an einigen wenigen Unternehmen sehen, aber ich bin mir sicher, dass es sich immer stärker ausbreiten wird.

Beziehungsdenken bekommen Sie locker hin mit den Elementen Wasser und Luft. Mit den vermeintlich schwachen Elementen. Es sind die weiblichen Anteile in jedem von uns: Frauen und Männer. Die sorgen für Nähe, für eine gute Beziehung und leben das WIR.


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Isabel García
Ich kann auch anders.
Von freundlich bis umbarmherzig – wie Sie das Repertoire Ihrer Kommunikationsmuster wirksam erweitern.

Econ Verlag, 240 Seiten, 18,00 Euro


 

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Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

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