„Das müssen Sie nicht verstehen!“ Wenn Chefs Mitarbeiter für dumm verkaufen

Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Ihr Chef Sie für dumm verkauft und extra klein hält? Etwa wenn Sie verstehen möchten, was die Hintergründe eines Arbeitsauftrags sind oder dringend eine Entscheidung von oben benötigen. Ob aus purer Gewohnheit, akutem Zeitmangel, eigener Überforderung oder der Angst, dass Mitarbeiter zu viel wissen – die Ursachen für solch ein Verhalten von Chefs sind vielfältig. Hier sind fünf häufige Sprüche von Chefs, die Mitarbeiter für dumm verkaufen und meine Tipps, wie Sie als Mitarbeiter darauf reagieren können.

Fünf Chef-Sprüche, die Mitarbeiter für dumm verkaufen

1| Das müssen Sie nicht verstehen

Dies ist der Klassiker, mit dem Chefs Mitarbeiter für dumm verkaufen – häufig mit dem Zusatz „Entscheidung von oben“. Wer was warum entschieden hat, warum Aufgaben so und nicht anders abzuarbeiten sind, warum etwas wichtiger als anderes ist – was geht es den kleinen Mitarbeiter an? Diese Antwort eines Chefs ist die schnellste und gleichzeitig machtvollste Abwehr von lästigen Mitarbeiterfragen.

Wie wäre es, wenn Sie das nächste Mal mit einem „Ich möchte es aber gerne verstehen.“ reagieren? Lassen Sie sich nicht abwimmeln und machen Sie Ihrem Chef deutlich, dass es Sie wirklich interessiert und warum es für Sie persönlich oder Ihre Arbeit wichtig ist. Schließlich hat es einen Grund, warum Sie fragen. Und falls Ihr Chef hierfür gerade keine Zeit hat, dann finden Sie einen späteren Zeitpunkt, zu dem Sie beide darüber sprechen können.

2 | Das kann ich nicht entscheiden

Mit diesem Satz drückt sich dein Chef vor seiner Verantwortung und blockt Ihr Anliegen kurz und bündig ab. Für die meisten Ihrer Kollegen dürfte es damit erledigt sein und sie ziehen ohne Lösung von dannen.

Fordern Sie eine Lösung ein, statt sich als Mitarbeiter für dumm verkaufen zu lassen. Die einzig logische Frage in dieser Situation lautet doch „Wer kann es stattdessen entscheiden?“. Machen Sie deutlich, dass es Ihnen wichtig ist und warum Sie in dieser Angelegenheit eine Entscheidung benötigen – von wem auch immer. Wenn Ihre Führungskraft Sie weiter abwimmelt, dann unterbreiten Sie doch von sich aus einen Vorschlag als Lösungsidee, welche Entscheidung Sie in dieser Situation treffen würden und fragen Sie, ob dies so in Ordnung ist.

3 | Wir sitzen hier alle im selben Boot

Hier haben Sie es mit dem jammernden Chef als armes Opfer zu tun. Ein Chef-Spruch, den wirklich kein Mitarbeiter braucht. Sie erwarten eine Entscheidung oder Handlung und werden stattdessen zum Leidensgenossen erklärt. Es ist nett, dass sich Ihr Chef auf Augenhöhe begibt und mit Ihnen über die miesen Umstände oder dummen Entscheidungen im Management jammert, doch es bringt Sie nicht weiter. Womöglich sitzen Sie tatsächlich mit Ihrem Chef in einem Boot, doch solange es noch Hierarchien und damit Führung in Unternehmen gibt, solange ist auch Ihr Chef der Steuermann im Boot.

Nehmen Sie ihn in die Verantwortung, die sie oder er als Ihre Führungskraft hat, indem Sie sagen, wie Sie die belastende Situation wahrnehmen, wie es Ihnen damit geht und was Sie sich wünschen, dass es sich in Zukunft verändert. Fragen Sie Ihren Chef „Was können oder werden Sie dazu beitragen, dass sich etwas verändert?“. Führungskräfte sind mehr als besser bezahlte Mitarbeiter mit Sonderaufgaben, sie haben Mitarbeiterverantwortung. Auch wenn Ihr Chef Ihnen mit seiner Aussage klar machen möchte, dass er sich machtlos fühlt, müssen Sie nicht mit auf diesen Zug aufspringen. Und irgendwann sollten Sie auch entscheiden, ob es noch Ihr „Boot“ ist, in dem Sie sitzen und scheinbar auf offenem Meer ohne Navigation treiben.

4 | Machen Sie sich keine Sorgen

Haben Sie bei dieser Reaktion Ihres Chefs das Gefühl, sie oder er könnte es nicht ernst meinen, dann lassen Sie sich nicht mit dieser Beschwichtigung abspeisen und fragen Sie nach. Was ist es schließlich für ein Chef (und Mensch), der Ihre Sorgen und Ängste als sein/e Mitarbeiter/in nicht ernst nimmt?

Besprechen Sie mit ihr oder ihm in einem klärenden Gespräch – am besten in Ruhe in einem Termin, was Ihnen durch den Kopf geht, welche Sorgen Sie sich machen und worauf Ihre Ängste beruhen. Schildern Sie Ihre Sicht der Dinge und fragen Sie nach, was Ihr Chef Ihnen hierzu sagen kann. Sicherlich dürfen Führungskräfte nicht immer über alles sprechen, was im Unternehmen geschieht oder auf höherer Ebene hinter verschlossenen Türen beschlossen worden ist, doch Sie haben als Mitarbeiter mehr Klarheit und Ehrlichkeit verdient als ein lapidares „Machen Sie sich mal keine Sorgen!“.

5 | Sie sollen arbeiten, nicht denken

Hierzu habe ich 2017 einen eigenen Beitrag auf XING geschrieben – mit damals unfassbar viel Resonanz von Angestellten, die diesen Spruch so oder ähnlich schon zu hören bekommen haben. Wer als Chef eine solche Kultur in sein Team pflanzt, der züchtet Dienst nach Vorschrift leistende Mitarbeiter. Menschen als Arbeitsmaschinen, denen Effizienz und Qualität egal sind. Ein Chef-Spruch, mit dem Sie als Mitarbeiter im wahrsten Sinne des Wortes für dumm verkauft werden, denn Ihre Sichtweisen, Vorschläge und Meinungen interessieren nicht.

Hören auch Sie diesen Satz von Ihrem Chef, dann empfehle ich Ihnen, grundsätzlich darüber nachzudenken, ob Sie in diesem Team und auch bei diesem Arbeitgeber mittelfristig noch eine gute Zukunft haben. Und für den spontanen Moment könnte dies eine Reaktion – mit Lächeln – sein: „Es tut mir leid, dass ich heute mein Gehirn zur Arbeit mitgebracht habe.“ Und falls Sie doch keine Lust haben, ab sofort Dienst nach Vorschrift zu schieben, dann bleiben Sie  auch hier am Ball: Erzählen Sie Ihrem Chef oder anderen Kollegen von Ihren Gedanken oder Ideen und warum Sie glauben, dass sie wichtig für das Unternehmen, die Abläufe, Produkte, Kunden oder auch nur für Ihre tägliche Arbeit sind.


Wie gut führt Ihr Chef und wie gut lassen Sie sich als Mitarbeiter führen?

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Wer sich von Chef & Kollegen klein machen lässt, der kann als Mensch nicht wachsen

Sie haben bis hierher vermutlich schon spitz bekommen, dass es mir mit diesem Text weniger darum geht, unfähige Chefs an den Pranger zu stellen – auch wenn ich Ihren Applaus als frustrierter Mitarbeiter förmlich höre, sondern an Ihr eigenes Verhalten zu appellieren. Es ist Ihre Entscheidung, ob Sie solche für Sie in einer Situation unbefriedigenden Aussagen Ihres Chefs oder anderer Menschen einfach so akzeptieren oder ob Sie Klarheit darüber schaffen, warum es Ihnen wichtig ist, darüber zu sprechen und eine Lösung zu finden.

Ich erlebe im Coaching regelmäßig Arbeitnehmer, die über einen langen Zeitraum von ihren Chefs oder Kollegen klein gehalten worden sind. Menschen, die sich in ihren Jobs seit Jahren langweilen und Dienst nach Vorschrift erledigen, weil sie längst begriffen haben, dass sie keine befriedigenden Antworten auf ihre Fragen erhalten oder ihre Meinung unerwünscht ist. Ich bin immer wieder erschrocken, wie sehr sie mit der Zeit selbst aufgegeben haben, an ihre Stärken zu glauben und alles das nicht mehr wertschätzen können, was ihr Fachwissen und die meist jahrelange Berufserfahrung wertvoll machen. Eine Abwärtsspirale aus Frust und mangelndem Selbstvertrauen, die es Betroffenen immer schwerer macht, sich aus der belastenden Situation zu befreien, geschweige denn als Bewerber einem neuen Arbeitgeber gegenüber Stärke zu zeigen.

Mein Tipp: Achten Sie bewusst darauf, dass Sie im Job nicht chronisch geschwächt und klein gemacht werden – weder von einem Chef, noch von Kollegen. Akzeptieren Sie das Verhalten anderer nicht, das Sie schwächt, sondern ändern Sie Ihr eigenes Verhalten. Versuchen Sie auch, mehr von dem im Job und Privatleben zu tun, das Ihnen liegt, Freude macht und Kraft gibt. Denn nur dann können Sie eine solche Haltung einnehmen, die es Ihnen ermöglicht, so zu reagieren, wie ich es oben beschrieben habe. Manchmal erfordert es etwas Zeit und Übung, also seien Sie nicht zu streng mit sich selbst, wenn Sie beim nächsten Mal nicht sofort die Reaktion Ihrem Chef gegenüber zeigen können, die Sie sich wünschen.

Und na klar, auch Chefs sind Menschen und können mal gestresst und genervt sein oder einfach nur einen schlechten Tag haben. Vielleicht ist Ihr Chef gerade in diesem Moment in ein wichtiges Thema vertieft und fühlt sich durch Ihre Frage unterbrochen und gestört. Was läge da nicht näher, als Sie mit einer dieser Antworten schnell abzuspeisen? Ich weiß aus Coachings, dass es viele Führungskräfte im Alltag gar nicht bemerken, wenn sie diese oder andere Sprüche zwischen Tür und Angel mal eben so daher sagen. Daher mein Rat: Machen Sie Ihrer Führungskraft in einer solchen Situation bewusst, dass Ihnen eine Antwort so nicht ausreicht und fragen Sie nach, statt sich frustriert an Ihren Arbeitsplatz zurückzuziehen.

Wenn Sie als Führungskraft diesen Beitrag lesen, dann achten Sie in Zukunft bewusst darauf, wie Sie auf Fragen Ihrer Mitarbeiter reagieren. Ist es die schnelle, abweisende Antwort, um Ruhe zu haben oder nehmen Sie die Anliegen Ihrer Mitarbeiter und Kollegen ernst und schaffen die Klarheit, die Sie in dieser Situation und in Ihrer Rolle schaffen können? Denn wer als Führungskraft seine Mitarbeiter im Team klein hält, der wird auch selbst nicht wachsen.

Kennen Sie auch solche Sprüche von Ihrem Chef? Ab damit in die Kommentare! 

(Titelbild: gratisography.com)

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Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

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Dieser Beitrag hat 5 Kommentare
  1. Meine Vorgesetzte fordert schon manchmal, dass ich denke ;)
    Wenn ich ab und an eine Rückfrage habe, dann erfolgt gerne als Antwort eine Unterrichtsstunde, die mich an konservative Zeiten in den 1950ern erinnert: „Denk doch mal nach…, was könnte ich wollen?, für wen machen wir das? Und was könnte sich daraus ergeben?, usw.“ Anstatt einfach klipp und klar zu sagen: ja, so und so brauche ich das, wird dann der Oberlehrer rausgeholt. Wenn man so viel Zeit hat als Teamleiter für Fragespielchen hat, sagt das ja auch was über die Person aus, nicht wahr?

    1. Hallo Jana,
      ja, das stimmt. Manche Führungskräfte verstehen sich heute mehr als „Coach“ und sind daher der Meinung, ihre Mitarbeiter sollten doch am besten selbst auf Lösungen kommen. Mitarbeitern die Selbstverantwortung zu übertragen ist ja gut und richtig, doch Ratespiele sind es nicht. Wem als Chef/in die Umsetzung bestimmter Aufgaben so und nicht anders wichtig ist, der sollte dies sagen und Klarheit schaffen – statt einen Mitarbeiter im lustigen „Sie müssen selbst drauf kommen, was ich will“ für dumm zu verkaufen. Insofern danke für Ihren Kommentar, der passt prima zum Beitrag.
      Viele Grüße
      Bernd Slaghuis

  2. Mein Chef mag es zum Beispiel gar nicht, wenn ich Fragen stelle und wissen möchte warum ich dies machen soll, welchen Sinn das hat usw. Bei einer Arbeitsanweisung wusste ich, dass meine Arbeit umsonst sein wird. Für mich war klar, dass etwas nicht möglich ist und ich musste es aber dennoch umsetzen. Auf meine Frage kam von meinem Vorgesetzen nur:“machen Sie das, weil ich es so will“.

    Mein Vorgesetzer ist in jeder Hinsicht eher unsicher und möchte daher immer seine Macht demonstrieren.

  3. Was gebe ich als Antwort auf den Satz vom Vorgesetzten: Die anderen schaffen es doch auch.
    Voran gegangen ist die Ablehnung einer weiteren Aufgabe, die zeitlich nicht zu schaffen ist.

    1. Hallo Sili,
      deine Frage ist zwar schon älter, aber ich würde meinen Vorgesetzten bitten meine Aufgaben zu priorisieren. Er soll festlegen (schriftlich evtl per Mail) welche deiner Aufgaben statt dessen liegen bleiben muss.
      VG

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