Lebensmotto: Warum Ihr Leben mehr als eine Motto-Party ist

Haben Sie eigentlich ein Lebensmotto? Also einen schönen Leitspruch, der Ihnen den Weg durchs Leben oder den Beruf weist. Viele laufen heute Weisheiten wie Carpe Diem! oder Lebe Deinen Traum! hinterher. Es steht auf Fußmatten geschrieben oder hängt als riesiges Wandtattoo über dem Sofa. Doch so simpel und klug diese vielen Sprüche auch klingen, so ungeeignet sind sie doch als Überschrift für ein einzigartiges Leben. Ich habe mir heute einmal Gedanken darüber gemacht, was ein gutes Lebens- und Arbeitsmotto aus meiner Sicht ausmacht und wie Sie zu einem individuell passenden Leitspruch für Ihr Leben finden.

Warum „Lebe Deinen Traum!“ als Lebensmotto versagt

Was ist eigentlich genau ein Lebensmotto? Googeln Sie doch mal! Ich habs getan und es ist der Wahnsinn, wie viele esoterisch-bunte Seiten mit immer den gleichen bekannten Leitsprüchen, vollgestopft mit Werbe-Bannern und merkwürdigen Selbsttests dort zum Vorschein kommen.

Hier einige Beispiele für besonders populäre Lebensmottos:

Alles easy!
Lebe Deinen Traum!
Der Weg ist das Ziel!
Carpe Diem!
Geht nicht gibt's nicht!
In der Ruhe liegt die Kraft!
Von nichts kommt nichts!
Lebe jeden Augenblick!
Die Zeit heilt alle Wunden!
Das Leben ist immer so, wie man es sieht!

Na bravo, dachte ich mir. Wer sein Leben an diesen Allgemeinschauplätzen ausrichtet, der kommt doch nicht weit. Oder leben Sie etwa heute jeden Tag einfach so Ihren Traum und immer ist alles easy?

Ok, vielleicht sind diese klugen Lebensweisheiten wirklich in einzelnen und sehr speziellen Situationen hilfreich, zum Beispiel wenn wir trauern, vor einer schwierigen Herausforderung stehen oder es um die Konzentration auf eine bestimmte Sache geht. Aber doch nicht als Überschrift für ein ganzes Leben.

Viele Menschen suchen nach mehr Halt und Orientierung im (Arbeits-)Leben und werden im Netz heute mehr als fündig. Ich vermute, es gibt viele, die erst einmal aufatmen, wenn sie „Lebe Deinen Traum!“ lesen und denken: Ja, ich darf das! Doch oftmals dürfte es beim guten Gefühl bleiben, denn mal ehrlich: Was können Sie mit solchen Floskeln tatsächlich für Ihr eigenes Leben anfangen? Wissen Sie, was Sie morgen anders als heute tun werden, wenn Sie endlich Ihren Traum leben? Also ich hätte keine Ahnung.

Das Leben ist viel mehr als eine Motto-Party

Warum heißt es eigentlich Lebensmotto? Aus dem Karneval kenne ich das. Jedes Jahr steht die Session unter einem anderen Motto. Ach ja, Motto-Hotels, Motto-Parties und Motto-Wochen in der Kantine sind mir auch schon begegnet.

Aber ein Lebensmotto? Lässt sich unser ganzes Leben wie die Low-Carb-Woche im Restaurant unter eine einzige Überschrift stellen? Sind das Leben und die heutige Arbeitswelt nicht viel zu individuell, komplex und vielschichtig hierfür? Und ist das Lebensmotto immer auch gleichzeitig ein Arbeitsmotto? Brauchen wir beides?

Ich kenne Menschen, die leben privat ihren Traum, sind aber im Job der Typ Dienst nach Vorschrift. Abenteurer, die im Urlaub den Kick suchen, aber im Beruf Routine und Sicherheit bevorzugen. Oder starke Führungspersönlichkeiten, die zu Hause zu wahren Untertanen mutieren.

Arbeit ist heute zum integralen Bestandteil des Lebens geworden und dieser Trend wird sich wohl auch weiter fortsetzen. Ihr Lebensmotto sollte daher für Job und Privatleben Gültigkeit besitzen. Wenn Sie weiter unten über Ihre Leitsätze nachdenken, dann sollten Sie also beide Bereiche im Blick haben.

Lebenshaltung statt Lebensmotto

Mir gefällt der Begriff Lebenshaltung anstelle von Lebensmotto besser. Weil sie ausdrückt, was uns im Leben besonders wichtig ist und welche individuellen Ziele jeder Einzelne von uns verfolgt. Die Lebenshaltung ist das Abbild des Welt- und Menschenbildes, wie wir es alle anders durch unsere eigenen Augen sehen. Es ist die eigene Haltung sich selbst und anderen Menschen gegenüber.

Erst die Haltung macht ein sprödes Motto (er)lebbar und damit auch erst auf den privaten und beruflichen Alltag sowie die eigene Denk- und Handlungsweise übertragbar. Sie bringt zum Ausdruck, wie wir durch die Welt gehen, Dinge und Menschen in unserem Umfeld wahrnehmen, bewerten und hiernach auch das eigene tägliche Handeln ausrichten. Trotzdem spreche ich im Folgenden auch weiter von Lebensmotto, aber Sie wissen, dass es mir dabei weniger um schöne Worte als vielmehr um eine innere Einstellung geht.

4 Tipps für Ihr persönliches Lebens- und Arbeitsmotto

Wenn Sie jetzt Lust bekommen haben, über Ihr eigenes Lebensmotto nachzudenken, dann sind hier die aus meiner Sicht 4 wichtigsten Formulierungshilfen. Grundsätzlich gilt: So kompakt und knackig wie möglich, so differenziert und persönlich wie nötig. Es können auch 2-3 Sätze sein, die Sie sich einprägen und im Alltag immer wieder in Gedanken rufen können. Schreiben Sie erst einmal auf, was Ihnen zu den folgenden Punkten in den Sinn kommt. Zusammenfassen und verdichten können Sie das alles am Ende.

1. So individuell für Sie wie möglich

Nur Sie müssen Ihr Lebensmotto als Haltung unterschreiben können. Es sollte zu Ihnen und damit zu Ihren Werten und Zielen im Leben, zu Ihrer Persönlichkeit, zur aktuellen Lebenssituation sowie zu Ihrem derzeitigen Umfeld passen. Es sollte Ihnen gefallen und Sie müssen sich am Ende die Erlaubnis geben können, danach zu leben und zu arbeiten.

Formulieren Sie vor allem Ich-Sätze, wie etwa „Ich möchte …. / ich bin … / ich werde …“ Schreiben Sie auf, was Ihnen heute und in Zukunft für Ihr Leben wichtig ist und aus welcher Perspektive Sie auf Ihren Beruf blicken.

2. So erlebbar in Ihrem Leben wie möglich

Sie haben erst dann etwas von Ihrem Lebensmotto, wenn sie es im Alltag anwenden und auch wirklich danach leben können. Genau das ist der Grund, warum für mich die vielen Weisheiten von oben nicht funktionieren.

Schaffen Sie für sich das Bewusstsein bei der Formulierung Ihres persönlichen Lebens- oder Arbeitsmottos, was es konkret für Ihren Alltag bedeuten sollte. Wie zeigt sich ihre Haltung im Leben im Umgang mit sich selbst und mit anderen? Dabei hilft auch ein Perspektivwechsel: Woran können andere Menschen in Ihrem Umfeld Ihre Haltung und das darüber stehende Lebensmotto konkret erkennen?

3. So flexibel wie nötig

Natürlich sollten Sie sich nicht jede Woche ein neues Lebensmotto überlegen müssen. Auch wenn sich das, was uns im Leben wichtig ist, im Laufe der Zeit stark verändern kann, sollte Ihr Leitsatz so allgemein wie nötig formuliert sein, um für die nächsten Monate oder vielleicht sogar Jahre Gültigkeit zu haben.

Achten Sie bei der Formulierung also darauf, dass es Ihnen Flexibilität und Handlungsspielraum erlaubt. Es geht nicht darum, dass Sie ab sofort jeden Schritt Ihres Lebens strikt im Sinnes Ihres Leitspruchs gehen. Er soll Ihnen vielmehr als grobe Orientierung dienen.

Hinterfragen Sie dennoch Ihr Lebensmotto regelmäßig, am besten einmal im Jahr. Überprüfen Sie, ob es für Ihre aktuelle Lebenssituation noch stimmig ist. Machen Sie ein Update Ihrer Werte und Ziele im Leben und im Beruf und passen Sie – wenn sinnvoll – Ihr Lebensmotto daran an.

4. So begreifbar und für Sie sichtbar wie möglich

Die Wandtattoos mit Lebensweisheiten erfreuen sich nicht umsonst so großer Beliebtheit. Sicherlich werden Sie Ihre individuelle Lebens- und Arbeitshaltung nicht an die Wand tapezieren, doch damit sie mehr als nur Worte einer Überschrift für Ihr Leben sind, sollten Sie sich etwas suchen, das Sie im Alltag daran erinnert.

Finden Sie ein Symbol oder einen Gegenstand, das/den Sie mit Ihrer Lebenshaltung und damit dem Motto verbinden. Das kann ein Aufsteller oder etwas anderes auf Ihrem Schreibtisch sein oder ein Bild, das an Ihrer Wand zu Hause oder im Büro hängt. Verankern Sie so das Leitbild von Ihrem Leben und der zugehörigen Haltung fest in Ihrem Alltag und erinnern Sie sich so regelmäßig daran.

Benötigt jeder ein Lebens- oder Arbeitsmotto?

Vielleicht sträubt es sich in Ihnen, während Sie diesen Text lesen und Sie sich fragen, ob Sie überhaupt solch ein Lebensmotto benötigen – falls Sie bisher auch ganz gut ohne ausgekommen sind. Ein Lebens- oder Arbeitsmotto ist für mich keine Pflicht und auch keine zwingende Voraussetzung für ein glückliches Leben oder für Erfolg im Beruf. Wer keines hat und es nicht vermisst, der muss jetzt nicht verkrampft danach suchen.

Ich persönlich bin den größten Teil meines Lebens ohne einen solchen „Spruch“ ausgekommen, wenngleich ich schon eine sehr klare Vorstellung davon habe, was mich antreibt und was mir im Leben und im Beruf wichtig ist. Als ich vor einigen Wochen ein Interview zum Thema Lebensmotto gegeben habe, kamen mir folgende Sätze in den Sinn, die meine Haltung und meine Ziele in meiner aktuellen persönlichen Lebens- und Arbeitssituation für mich gut beschreiben:

Ich entwickele mich weiter und teile mein Wissen.
 Ich tue, was mir heute Freude macht und für andere Menschen hilfreich ist.
 Damit darf ich Geld verdienen.
 Ich bin der Chef meines Lebens und kann meinen Weg jederzeit anpassen.

Damit haben Sie auch ein Beispiel, wie ein aus meiner Sicht sinnvolles Lebens- und zugleich Arbeitsmotto aussehen kann. Ihres wird sicherlich ganz andere Aspekte beinhalten – und das ist auch gut so. Ja, zugegeben, es klingt weniger sexy als Lebe Deinen Traum!, aber damit kann ich konkret etwas anfangen und mich in bestimmten Sitautionen fragen, welches Denken und Handeln getreu diesem Motto richtig wäre.

Bewusstsein schafft Klarheit, Haltung gibt Halt

Ein Lebens- und Arbeitsmotto als persönliche Haltung kann im wahrsten Sinne des Wortes Halt im Leben und im Beruf geben und so auch als gute Richtschnur für die nächsten sinnvollen Schritte dienen.

Viele Menschen wünschen sich heute in einer immer schnelleren und komplexeren Welt eine Konstante in ihrem Leben, die ihnen Halt und Sicherheit gibt. Hierzu kann ein eigenes Bewusstsein und Klarheit über die eigene Haltung und Blickrichtung in Form eines persönlichen Leitspruchs viel beitragen. Und vielleicht steckt hinter einem so individuellen Lebensmotto auch etwas wie ein Glaube an sich und den eigenen guten Weg im Leben. Ihr persönliches Lebensmotto ist das, was Sie daraus machen.

(Titelbild: gratisography.com) 

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Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare
  1. Nun, ein Motto muss man vor seinem geistigen Auge sehen. Dann benötigt man keine Erinnerungshilfen. Denn benötige ich diese, wie eben Gegenstände oder auch Tafeln, dann sind das nicht meine Grundsätze.
    Und ich glaube auch nicht, dass man Lebensgundsätze und -einstellungen in ein paar Sätze fassen kann. Es ist mehr als das. Es ist eine innere Einstellung. Quasi eine eigene Lebensphilosophie.
    Das sich diese auch wandeln kann im Laufe eines Lebens ist wohl klar.

    Diese Lebensphilpsophie entwickelt sich auch erst mit der Zunahme an Erfahrungswerten. Ich glaube nicht, dass morgens jemand aufsteht und alles griffbereit im Kopf hat.
    Es entwickelt sich.
    Auch kommt es immer auf die einzelne Person an. Jede Person ist anders und baut sich daher auch seine eigene Lebensphilosophie auf.
    Ein Motto-Satz oder auch mehrere können da ein Anfang sein.

    Diese Motto-Sätze oder auch die Lebensphilpsopie beinhaltet auch keine dieser platten Aussagen, dass ich eine tolle Frau, ein schnelles Auto und ein Haus mit Pool haben will, wie uns mal ein Werbespott vor Jahren einreden wollte.
    Das ist weder ein Motto noch eine Lebensphilosopie. Auch wenn es tatsächlich Leute gibt, die den Hals nicht voll bekommen können. Anhäufung von materiellen Werten kann auf Dauer keine Befriedigung aufbauen. Es macht nur bis zu einem bestimmten Grade unabhängig. -Wobei Unabhängigkeit nur eine Illusion ist.-

    Noch ein Wort zur Lebensphilosophie.
    Viele denken bei Philosophie immer nur an abgehobene, teils weltfremde Vorstellungen. Das ist es, was die Wissenschaft daraus gemacht hat. Es kann aber auch tatsächlich etwa handfestes sein. Niemand sollte einfach hingehen und sich die Lehren der großen Philosophen zu eigen manche. Nein. Es geht darum, dass ich selber damit leben kann. Ich muss meine eigene Philosophie finden und diese mit Leben füllen. Dann ist diese auch für mich verständlich, lebensnah und anwendbar.

    1. Hallo Herr Ende,
      Wenn Sie Ihr Motto vor dem geistigen Auge sehen und es als Einstellung leben, dann freut mich das und damit sind Sie sehr weit bzw. reflektiert. Ich mache in Coachings die Erfahrung – und hier geht es häufig insbes. um ein Arbeitsmotto bzw. die passende Haltung im und zum Beruf, dass eine Erinnerungsstütze besonders in der Anfangszeit hilfreich ist. Zu groß ist sonst die Gefahr, im alten Trott weiter wie bisher zu machen und die wichtigen Überlegungen zum eigenen Motto im Tagesgeschäft zu vergessen bzw. zu verdrängen. Denn oft geht es dabei ja auch um konkrete Veränderungen, die umgesetzt werden sollen. Zur Philosophie sehe ich es wie Sie: Es muss für jeden selbst passen. Dafür braucht es weder wissenschaftlich hochtrabend noch poetisch wohlklingend sein. Lebensnah und anwendbar sind wichtiger.
      Viele Grüße
      Bernd Slaghuis

  2. „Ich kann, weil ich weiß, was ich will“ – so habe ich mir Kant umformuliert. Dieser Satz stärkt mich, Neuland zu betreten, mich zu entwickeln, mir neue Ziele zu erlauben und zuzutrauen. Er erinnert mich, daß ich schon so vieles erreicht habe, auch wenn ich nicht immer sicher war, ob es richtig ist und ob ich es kann.

  3. Ich glaube, die grassierende „Mottoritis“ ist auch einer Sehnsucht nach Vereinfachung geschuldet. Wenn die Welt mal wieder unüberischtlich wird, wäre es doch schön, sich an einer möglichst einfachen Gebrauchsanweisung entlangzuhangeln. Am besten simpel, ein Satz, soll noch schön philosophisch klingen und gut ist. Fühlt man sich doch schon wieder cool achtsam.

    Übrigens: Man darf eine REGEL nicht mit einem PRINZIP verwechseln. Sogar das beste Lebensmotto ist ein Prinzip: Es legt keine konkrete Handlungsempfehlung für alle Situationen fest, sondern lässt bewusst Selbstverantwortung und einen Entscheidungsspielraum. (Eine Regel kann man nicht interpretieren, man führt sie einfach aus.) Von daher erfüllt sich auch eine Vereinfachungshoffnung für den Lebensmotto-Inspirierten leider nicht.

  4. Lebenshaltung statt Lebensmotto. Finde ich eine tolle Perspektive und passende Formulierung.
    Ich habe im Rahmen meiner Coaching-Ausbildung u,a, mit dem Zürcher Ressourcen-Modell eine Lebenshaltung in Form eines Satzes und eines Bildes erarbeitet.
    Sowohl privat als auch beruflich war und ist das sehr wirksam für mich.
    Jedem dem Wirksamkeit und eine bewusste Haltung wichtig ist, sollte sich mit dem Thema Lebenshaltung/Motto/… beschäftigen.

    Danke für die tollen Inhalte!

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