Karriere im Startup: Nur etwas für Abenteurer? – Interview mit Spacebase

In Startups, da geht es lässig-locker zu, alle haben Spaß zusammen und jeder kann viel bewegen. So die Sicht gerade junger Berufseinsteiger und Jobwechsler. Doch wie steht es mit der Sicherheit des Jobs? Herrscht das Chaos mangels fehlender Strukturen, und wird da nicht Tag und Nacht gearbeitet? Ich erlebe viele Bewerber, die sich dann doch lieber für den Traditionskonzern oder den etablierten Mittelständler entscheiden statt für das frisch gegründete Startup. Karriere im Startup – Nur etwas für Abenteurer? Darüber habe ich mit Jan Hoffmann-Keining, einem der Gründer und heute CMO von Spacebase gesprochen.

Jan Hoffmann-Keining Julian Jost Spacebase

Jan Hoffmann-Keining (links im Bild) und Julian Jost teilen die Leidenschaft für die Umsetzung neuer Ideen, studierten gemeinsam Wirtschaft und Recht und stiegen nach dem Abschluss in der Unternehmensberatung Roland Berger ein. Nachdem sie als erfahrene Unternehmensberater zahlreiche zeitfressende und unkreative Meetings erlebt haben, wollten sie die festgefahrenen Strukturen durchbrechen und Effizienz und Kreativität in jedes Business-Event bringen. Da beide bereits zahlreiche Kreativworkshops organisiert haben, wissen sie, dass besonders die Meetingumgebung ausschlaggebend für produktive Sitzungen ist. Gemeinsam mit Branchengröße und Pionier im Bereich der Online Travel Spaces Stephan Ekbergh gründeten sie im August 2014 Spacebase.

Ihr habt Spacebase 2014 gegründet und seid mit Gründer-Preisen ausgezeichnet worden. Wo steht ihr heute und würdet ihr euch noch als Startup bezeichnen?

Jan: Aktuell sind wir mit Spacebase eines der führenden Unternehmen in Deutschland, bei denen Meetingräume ganz einfach online gebucht werden können. Was uns auszeichnet ist, dass wir besondere Räume anbieten: Lofts, Fotostudios, Coworking Spaces oder Restaurants. Diese Räume geben Workshops oft den extra Kick an Kreativität. Mit 2 Jahren am Markt und 16 Mitarbeitern sind wir eindeutig noch ein Startup.

Was bedeuten für dich persönlich Karriere und Erfolg und was macht euren Erfolg als Startup aus?

An erster Stelle steht natürlich der wirtschaftliche Erfolg. Ohne wirtschaftlichen Erfolg hat niemand langfristig Spaß oder Entwicklungsmöglichkeiten. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg ist es mir wichtig, Spacebase so zu führen, dass Werte, welche mir persönlich wichtig sind, auch im Unternehmen gelebt werden. Dazu gehören Ehrlichkeit, Fairness, Selbstbestimmtheit und Verantwortung für das eigene Handeln.

Ihr habt viele junge Mitarbeiter/innen. Was glaubst du, was ist ihnen besonders wichtig im Beruf und was macht euch zu einem attraktiven Arbeitgeber?

Unser Team liebt es, eigenverantwortlich zu arbeiten. Sobald jemand bei uns anfängt, bekommt er direkte eigene Themen übertragen. Sobald wir merken, dass es gut läuft, steigt die Verantwortung sehr schnell an. Gerade für junge Mitarbeiter, die direkt aus dem Studium kommen ist das natürlich super. Außerdem haben wir einen sehr guten Teamzusammenhalt.

Viele Bewerber verbinden mit Startups Unsicherheit, fehlende Strukturen und massig Überstunden. Alles Vorurteile oder sind Startups doch nur etwas für Abenteurer?

Arbeiten und Karriere im Startup ist für alle mit mehr Risiko verbunden. Wenn wir durch die Decke gehen, dann profitieren alle davon. Definitiv durch einen riesen Sprung an Verantwortung, Erfahrung und CV-Boost, aber natürlich auch finanziell.

Niemand darf besonders stark an einer Aufgabe, einem Themenfeld oder einem Jobtitel hängen. Wenn wir feststellen, dass ein Thema nicht so läuft wie erwartet, oder ein anderes wesentlich mehr Potenzial hat, dann erwarten wir von unseren Mitarbeiten, dass sie flexibel genug sind, sich auch in andere Aufgaben einzuarbeiten.

Die Hierarchien in Startups sind oft sehr flach. Welche Aufstiegs- und Entwicklungsmöglicheiten könnt ihr High-Potentials bieten, um sie langfristig zu motivieren und zu binden?

Natürlich sind die Hierarchien flach. Doch das Team wächst nach unten. Unser aktueller Head of Operations hat vor 2 Jahren nach dem Studium bei uns im Online Marketing angefangen und hatte in unserem Bereich keine speziellen Kenntnisse. Damals gab es noch kein Operations Team. Innerhalb von einem Jahr hat sich das unter ihm aufgebaut. Jetzt hat er Verantwortung für 6 Mitarbeiter. Das finde ich als Karriere im Startup nicht schlecht.

Wie sieht euer Recruiting- und Bewerbungs-Prozess aus? Wo werden Bewerber auf euch aufmerksam und nach welchen Kriterien ausgewählt?

Wir werben viele Mitarbeiter aus dem Netzwerk unseres Teams an. Wenn wir hören, dass es irgendwo kriselt, dann schreiben wir auch direkt Mitarbeiter anderer Unternehmen an. Gute Portale sind zum Beispiel Berlinstartupjobs oder die entsprechenden Facebook Gruppen. Wir suchen Mitarbeiter, die direkt Verantwortung übernehmen und sehr selbständig arbeiten. Nur so können wir weiterhin schnell wachsen.

Gibt es typische Bewerber? Wie müsste die Bewerbung eines 55-Jährigen aussehen, um zum Gespräch eingeladen zu werden? Hätte er eine echte Chance?

Viele Bewerbungen sind sehr schlecht. Der typische Bewerber hat die Stellenausschreibung nicht gelesen und schickt uns einfach eine Standard-Bewerbung. Da müssen wir viel aussortieren. Klar hätte ein 55-Jähriger eine echte Chance bei uns. Die Bewerbung würde allein deshalb schon auffallen, weil sich bis jetzt noch niemand bei uns beworben hat, der wesentlich älter als 30 Jahre ist. Aktuell würde ich mich sogar besonders freuen, wenn wir einen erfahrenen – und gerne auch lebenserfahrenen – Schreiber finden könnten, der für uns Texte schreibt.

Welchem „Typ“ Bewerber würdet ihr am liebsten raten, sich erst gar nicht in einem Startup zu bewerben – und warum?

Das kann ich nicht so allgemein sagen. Mein erster Reflex wäre es zu sagen, dass Personen, welche gerne ganz genau erklärt bekommen wollen, wie etwas funktioniert und dann Aufgaben nach immer gleichem Schema abarbeiten bei uns falsch sind. Aber dann fällt mir immer ein, dass wir auch eine Buchhaltung haben, in der genau dieses Arbeiten gefragt ist und große Kreativität eher am falschen Ort ist.

Häufig ist bei Startups die Rede von Augenhöhe und NewWork-Kultur. Wie wird bei euch geführt? Was funktioniert gut und wo seid ihr an Grenzen gestoßen?

Der Entscheidungsprozess muss demokratisch ablaufen. Die Entscheidung selbst muss jedoch von einer Person getroffen werden. Sonst kann es nicht funktionieren.

Welchen Tipp kannst du Bewerbern geben, die sich für einen Job im Startup interessieren? Worauf sollten sie besonders achten?

Was mich beeindruckt ist, wenn jemand sich richtig mit Spacebase und unseren Problemen auseinandergesetzt hat und dann Lösungen vorschlägt. Für einen SEO-Job beispielsweise eine kurze SEO Analyse und die klare Ansage: Spacebase braucht mehr Backlinks und so werden wir die bekommen. Oder vor einem Interview für Operations mal einen Meetingraum über uns anfragen und dann zum Interview kommen uns sagen: Das war gut, aber die Punkte … muss Spacebase verbessern.


Die Buchungsplattform Spacebase ermöglicht es Unternehmen, einfach und transparent außergewöhnliche Veranstaltungslocations zu buchen, kreative Events zu schaffen und wertvolle Arbeitszeit bei der Organisation einzusparen. Bereits jetzt vereint Spacebase über 1.000 Veranstaltungslocations aus 14 Städten.  Ziel ist es, weltweit die erste Anlaufstelle für einmalige Spaces als Grundlage einzigartiger Meetings zu werden.

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Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare
  1. Hallo,

    ich denke, dass der Vorteil von Startups vor allem jener ist, dass Erfolge viel schneller sichtbar sind. Die Beteiligten strengen sich meist viel an und es gibt nicht wenige Menschen, wie mich, die sowas toll finden. Wie schön ist es schon in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem man sowieso untergeht?

    Viele Grüße
    Josef

  2. Hallo Bernd,
    ich selbst habe Anfang des Jahres ein Start Up gegründet und schließe mich Josef Altmann an. Ich liebe es alles zu geben und dann aber auch die Resultate zu sehen. Klar am Anfang war es schwer insbesondere was die Finanzierung von Arbeitsmitteln, Büroräumen und so weiter betrifft. Geholfen hat mir vor allem, dass es flexible Bürolösungen gibt, die man wirklich auch mal nur ein paar Tage mieten kann. Business Center bieten sowas an. Das ist ein ganz wichtiger Punkt repräsentative Räumlichkeiten vorweisen zu können, insbesondere wenn es darum geht angesehene Investoren zu finden. Ohne Investoren nix los oder besser ohne Moos nix los. Es zählt meist gar nicht so sehr ob das Konzept jetzt bis ins Detail ausgeklügelt ist, sondern viel mehr, wie man rüber kommt. Professionalität ist das A und O bei der Unternehmensgründung.

  3. Bei Startups hat man mehr Möglichkeiten, sich weiter zu entwickeln, weil man die Verantwortung für seine Tätigkeit spürt. Ich bin ein Berufseinsteiger und habe auf jeden Fall Sicherheit und Stabilität, aber auch kaum persönliche Entwicklungsmöglichkeiten. Mal schauen, was ich in der Zukunft noch mache, aber ein Plan ist schon langsam im Kopf. Danke für Ihre Geschichte!

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