Bauch oder Kopf? 7 Tipps, wie Sie gute Entscheidungen treffen

Jeder von uns steht regelmäßig vor Entscheidungen. Bewusst und unbewusst treffen wir am Tag manchmal bis zu 100.000 Entscheidungen. Ob dies gute oder Fehlentscheidungen waren, stellt sich in den meisten Fällen erst hinterher heraus. Schwierige und mit weitreichenden Folgen verbundene Entscheidungen schieben wir gerne auf oder drücken uns auch völlig davor – oft mit einem schlechten Gewissen. Die folgenden 7 Tipps sollen Ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie gezielt mit Verstand und einem guten Bauchgefühl zu Entscheidungen finden können.

Greife ich zum Erdbeer-Joghurt oder doch lieber Kirsch? Nehme ich die Bahn oder das Auto? Schau ich RTL oder 3Sat? Fliege ich nach Mallorca oder Ibiza in den Urlaub? Kaufe ich einen Audi oder einen Toyota? Kaufe ich ein Haus oder bleibe ich Mieter? Werde ich Jurist oder Arzt? Ok, es gibt leichte und schwierigere Entscheidungen. In den Coachings mit meinen Klienten geht es meist um die Entscheidung der Berufswahl. Was ist mir wichtig, was liegt mir gut, was macht mir Freude, was hat Aussicht auf Erfolg?  Mache ich weiter wie bisher oder probiere ich etwas anderes? Die Konsequenzen dieser Art von Entscheidungen sind natürlich weitreichender als die Wahl des Joghurts im Supermarkt.

Bauch und Kopf

Forscher haben sich in zahlreichen Studien mit der Frage der guten Entscheidungsfindung beschäftigt. Das Fazit: Wer sich nur auf sein Gefühl verlässt oder wer ausschließlich rational handelt, der trifft in der Regel eine weniger gute Entscheidung als bei Berücksichtigung von Gefühl und Verstand. Die folgenden sieben Tipps sollen Ihnen dabei helfen, sowohl Ihr Bauchgefühl als auch Ihren Kopf bei Entscheidungen einzusetzen und daraus den für Sie passenden Weg und die für Sie richtige Entscheidung abzuleiten.

7 Tipps, wie Sie gute Entscheidungen treffen

1. Reduzieren Sie die Komplexität

Bei vielen Entscheidungen fällt es uns schwer, sowohl die Entscheidungsfaktoren als auch die möglichen Konsequenzen so vollständig abzubilden, dass wir das Gefühl haben, eine gute Entscheidung treffen zu können. Es kommt zur allseits bekannten Aufschieberitis, weil wir denken, dass je länger wir eine Entscheidung verschieben, desto mehr Informationen können wir noch sammeln. Tipp: Setzen Sie sich einen festen Zeitpunkt, zu dem Sie die Entscheidung treffen wollen (und tun dies dann auch!) und definieren Sie einige wenige Kriterien, die Sie für die Bewertung der Entscheidung wichtig erachten und die Sie innerhalb dieser Zeit beschaffen und bewerten können. Es lässt sich nicht alles im Vorfeld einer Entscheidung klären. Akzeptieren Sie einen gewissen Grad an verbleibender Unsicherheit.

2. Werden Sie sich bewusst, was SIE möchten

Häufig verhalten wir uns in einer Art und Weise, weil „man“ dies so tut und es so von uns erwartet wird. Dies trifft damit auch auf Entscheidungen zu. Wer sich immer für den Weg entscheidet, den andere für richtig ansehen, vergisst seine eigenen Bedürfnisse und Werte. Es geht nicht darum, so zu leben als wären wir alleine auf der Welt. Rücksichtnahme und gegenseitige Wertschätzung sind wichtige Werte im gesellschaftlichen Miteinander. Werden Sie sich jedoch bewusst darüber, ob Sie etwas tun (oder entscheiden), weil es andere so von Ihnen erwarten oder ob dies Ihr eigener Wunsch und Antrieb ist. Sie sind der Chef Ihres Lebens und entscheiden darüber.

3. Klären Sie Ihren Verstand auf

Gute Entscheidungen werden sowohl mit dem Kopf als auch dem Bauch getroffen. Um mit Verstand eine Entscheidung zu treffen, eignet sich die Erstellung einer Pro- und Contra-Liste, mit der Sie die Alternativen auf Basis von bestimmten Kriterien bewerten. Bei Entscheidungen zum Jobwechsel können dies zum Beispiel das Einkommen, Ihre bisherigen Erfahrungen, die Nähe zum Wohnort oder auch das Interesse für ein Produkt oder eine Branche sein. Schreiben Sie die aus Ihrer Sicht in Frage kommenden Handlungsalternativen untereinander auf und rechts daneben in Spalten die Bewertungskriterien. Gehen Sie alle Alternativen durch und verteilen bezogen auf die jeweiligen Kriterien zum Beispiel Sternchen – von einem (wenig attraktiv) bis zu vier Sternen (gute Bewertung). All dies ist erst einmal nur Futter für den Verstand. Ihr Bauch sagt Ihnen vielleicht am Schluss dieser Übung, dass dies ja alles nichts zählt, weil eine solche Entscheidung eben nicht mit dem Kopf getroffen werden kann.  Aber dazu kommen wir jetzt ….

4. Lernen Sie Ihre Gefühle kennen

Gehen Sie die verschiedenen Alternativen durch und achten Sie darauf, welche Emotionen diese in Ihnen auslösen. Achten Sie auf alles und nehmen Sie Ihren Körper genau wahr. Tipp: Schreiben Sie die Handlungsalternativen auf einzelne Zettel oder Karten und legen diese auf dem Boden mit der Schrift nach oben aus. Stellen Sie sich auf die Karten, nehmen mit diesen „Kontakt“ auf und achten einmal darauf, wie Sie sich fühlen, was Sie bei sich oder um Sie herum wahrnehmen. Und wenn ein Auto draußen vorbei fährt und hupt, während Sie auf einer Karte stehen, kann auch dies ein Zeichen sein. Achten Sie auf wirklich alles, was Sie fühlen, sehen, hören oder riechen. Wenn es viele Alternativen sind, bitten Sie doch eine Person, Ihre Eindrücke in Verbindung mit den Alternativen aufzuschreiben. Auf welcher der Karten haben Sie sich am besten gefühlt?

5. Schlafen Sie drüber

„Ich muss da mal drüber schlafen.“ Ein Ausspruch, den wir häufig bei wichtigen Entscheidungen tun und der durchaus seine Berechtigung hat. Und dies nicht nur, um eine Entscheidung aus Bequemlichkeit oder Angst aufzuschieben. Im Schlaf „sortiert“ unser Gehirn die Gedanken, Eindrücke und Geschehnisse des Tages. Es werden Zusammenhänge gebildet und das Wichtige vom Unwichtigen getrennt. Viele Mental-Coaching-Methoden nutzen die Kraft des Unterbewusstseins, um Lösungen zu finden. Dem liegt zugrunde (einfach ausgedrückt), dass unser Unterbewusstsein am besten weiß, was gut für uns ist. Auch diese Prozesse laufen im Schlaf ab, insbesondere in der Einschlaf- und Aufwachphase befinden wir uns häufig in einem Trance ähnlichen Zustand. Wie oft ist es Ihnen schon passiert, dass Sie morgens z. B. beim Zähneputzen eine gute Idee hatten oder Ihnen auf einmal ganz klar war, für was Sie sich entscheiden?

6. In der Ruhe liegt die Kraft

Schaffen Sie für sich einen guten Rahmen, um eine wichtige Entscheidung zu treffen. Entscheidungen unter Stress oder mit hohem Druck sind oft keine rationalen Entscheidungen. Sie handeln nur noch aus Gefühlen (meist Angst) und schalten den Kopf vollständig aus. Im Karrierecoaching erlebe ich regelmäßig Klienten, die sich (eigentlich) bewusst für einen neuen Beruf entscheiden möchten, aber mit fortschreitender Zeit entweder bis zum Kündigungstermin oder dem Ende der Arbeitslosenunterstützung dann doch hektisch werden und kopflos massenweise Bewerbungen rausschicken. Gleichzeitig sagen sie mir, dass sie diese Jobs aber eigentlich gar nicht machen möchten. Tipp: Wenn Sie erkennen, dass Sie eine Entscheidung unter Stress setzt, dann wechseln Sie die Perspektive. Schauen Sie zum Beispiel von außen auf sich und Ihre Entscheidung und geben der Person, die Sie dort sehen, einen Ratschlag. Oder achten Sie in solchen Situationen einmal bewusst auf Ihre Atmung und atmen zehnmal bewusst ein und aus. Sie werden bemerken, dass Sie zur Ruhe kommen und mit klarerem Kopf Ihre Entscheidung neu abwägen können.

7. Wagen Sie den Schritt aus der Komfortzone

Unser Gehirn versucht immer, möglichst effizient und Energie sparend zu arbeiten. Es prüft, welche Alternative ihm vertrauter vorkommt. Das Hormon Dopamin ist verantwortlich dafür, dass wir das Gefühl einer Belohnung spüren, wenn uns etwas vertraut vorkommt. Das hat zur Folge, dass wir lieb gewonnene Gewohnheiten so sehr schätzen und ein Gefühl von Anstrengung oder Unwohlsein verspüren, wenn wir die ausgetrampelten Lebenspfade verlassen und einen Schritt außerhalb der Komfortzone wagen. Die meisten Entscheidungen sind mit Risiko und unbekanntem Terrain verbunden. Wie viele schwierige Entscheidungen haben Sie in Ihrem Leben schon getroffen?  Was ist das schlimmste, was geschehen kann, wenn Sie eine Entscheidung falsch treffen? Wie viele Entscheidungen haben Sie schon bereut? Bei dieser Frage antworten die meisten Klienten „keine“, denn auch nach einer in diesem Moment vermeintlich schlecht gefällten Entscheidung geht es irgendwie weiter und oftmals eröffnen sich danach neue, bisher nicht bedachte Möglichkeiten.

Psychologen haben herausgefunden, dass bei uns nach dem Treffen einer Fehlentscheidung eine Art Schutzmechanismus einsetzt, der uns den Fehler nicht nur abhaken lässt, sondern die eingetretenen Umstände schön erscheinen lässt. Wir konstruieren uns die Welt, wie sie uns gefällt. Was uns stärker als eine getroffene Fehlentscheidung belastet, ist das Gefühl, eine Chance verpasst zu haben. Trauen Sie sich – zuerst vielleicht auch in kleinen Schritten – aus Ihrer Komfortzone heraus, denn nur so erweitern Sie im wahrsten Sinne des Wortes Ihren Horizont und entwickeln sich weiter.

Ich wünsche Ihnen einen klaren Verstand und ein gutes Bauchgefühl bei Ihren nächsten Entscheidungen.

Ich freue mich, wenn Sie diesen Beitrag in Ihren Netzwerken teilen.

Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

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Dieser Beitrag hat 15 Kommentare
  1. Vielen Dank, lieber Herr Slaghuis für die konstruktiven Tipps, sowohl den Kopf, als auch den Bauch bei Entscheidungsfragen sinnvoll zu nutzen. Je nachdem was für ein Temperament man hat, ist es natürlich leichter auf den Bauch oder den Kopf zu hören. Aber sowohl für die Kopflastigen, denen es schwer fällt einfach spontan, aus dem Bauch heraus zu agieren, als auch für die häufig temperamentvollen Bauchmenschen, die eventuell ihre Sponanität zügeln sollten, sind super Tipps dabei.

  2. Ich finde das Thema sehr interessant und es gibt auch immer mehr Forschungen dazu, zuletzt die Münzstudie von Steven Levitt, bei welcher die Teilnehmenden nach Kopf oder Zahl einer Münze zu ihrer Entscheidung kamen. Es stellte sich heraus, dass für seine Probanden nicht bedeutsam war, wie sie entschieden, sondern dass sie eine Entscheidung fällten.Das finde ich schon denkwürdig, wo wir häufig so viel Zeit mit Abwägen und mentalem Ping-Pong verbringen. Es ist am Ende das wichtigste, wirklich zu handeln!
    In diesem Sinne sende ich einen entschiedenen Netzwerkgruß!

    1. Hallo Frau Hüttner,
      danke für Ihren Hinweis auf die Münzstudie. Ein gutes Beispiel dafür, öfter das eigene Gedankenkarussel zu verlassen und bewusst eine Entscheidung zu treffen.
      Herzliche Grüße zurück,
      Bernd Slaghuis

  3. Die beschriebenen Methoden sprechen das rationale Denken einer Führungskraft an. Beim Modellieren von erfolgreichen Führungskräften in meinem Unternehmen, habe ich eines entdeckt: Diese nutzen viel mehr ihre Intuition als ihnen bekannt war oder als sie öffentlich zugeben würden.

    Deshalb möchte ich noch eine intuitive Methode ergänzen:

    1. Ich ordne die Optionen je einer Seite einer Münze zu.
    2. Dann lasse ich die Münze entscheiden.
    3. Merke ich, dass sich in mir Widerstand regt, nehme ich die andere Option.

    Der Vorteil: Die Methode ist irrsinnig schnell.

    Wenn ich mehr Zeit habe, diskutiere ich auch mal gerne mit meinem inneren Team. Das betrifft aber eher persönliche Entscheidung.

  4. Der Artikel ist ein super Leitfaden für das Herangehen an den Prozess der Entscheidungsfindung!

    Um eine gute Entscheidung zu treffen braucht es die Auseinandersetzung mit sich selbst, seinen Vorstellungen, Ideen, Glaubenssätzen und Zielen. Das ist nicht immer leicht und oft blockieren oder lenken einen Dinge, die man auf den ersten Blick gar nicht recht durchschaut. Natürlich können die Meinungen anderer in den Entscheidungsprozess einwirken und von den eigenen Zielen ablenken aber oft kann ein guter Freund, der einen gut kennt oder eine außenstehende Person auch dabei helfen, sich selbst die richtigen Fragen zu stellen, sodass sich einem auch unbewusste Motive erschließen.

    Hört gut in euch hinein und nehmt euch Zeit für wichtige Entscheidungen – aber wie der Artikel bereits beschrieben: schiebt die Entscheidung nicht ewig auf, gestaltet euren Entscheidungsprozess aktiv und hört in euch hinein.

    Liebe Grüße
    Katja von der Coachingpraxis Berlin
    http://www.coachingpraxis.berlin

  5. Um lernen Entscheidungen zu treffen, muss man beginnen sich zu entscheiden. Am Anfang reichen schon kleine Alltagsentscheidungen, um den eigen Entscheidungsmuskel zu trainieren. Nach und nach wird es so immer leichter auch große und komplizierte Entscheidungen zu treffen.

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