Dogs Style and Love: Wie Jule ihren Traum vom eigenen Hundeladen lebt

„Dogs Style and Love“ heißt das kleine Geschäft, das wir im Oster-Ostsee-Urlaub in Heiligenhafen entdeckt haben. Beim Einkauf im Supermarkt hatten wir andere Urlauber bereits sagen hören, dass sie noch in den Hundeladen wollen. Ach, ein Hundeladen? Wir lieben Hunde, auch wenn wir (noch) keinen eigenen haben. In einer Seitenstraße vom Marktplatz aus war das Logo nicht zu übersehen. Hinter der Theke strahlte uns Juliane Leweling an und wir kamen ins Gespräch. Über ihren Herzinfarkt mit 33, ihre Entscheidung, den Job zu kündigen und das Leben Ihres Traums vom eigenen Hundeladen heute. Uns gefiel das Konzept ihres Geschäfts sowie ihre entspannt professionelle Art. Sie ist für mich ein gutes Beispiel für eine Neuorientierung mit Schritt in die Selbständigkeit. Also habe ich sie gefragt, ob Sie Lust auf ein Interview hat:

Jule, bitte stelle Dich und Deinen Werdegang kurz vor.

Juliane Leweling: Aufgewachsen in Argentinien und Deutschland habe ich mich mit 17 Jahren nach dem Realschulabschluss für eine Ausbildung als Hotelfachfrau in Bremen entschieden. Danach zog es mich für die Kempinski Hotelgruppe in die Welt: Deutschland, Abu Dhabi und die Schweiz waren wertvolle Stationen für mich.

Weitere sechs Jahre war ich für die Deutsche Lufthansa als Flugbegleiterin unterwegs. Eine Zeit, die ich sehr genossen habe und interkulturell erleben durfte. Ich habe anschließend noch ein großes Hotelprojekt in Norddeutschland begleitet, bevor ich mich nach meiner Phase der beruflichen Neuorientierung mit meinem Laden „Dogs Style and Love“ selbständig gemacht habe.

Was war der Auslöser, Deinen alten, gut bezahlten Job zu kündigen?

Das Thema „Hund“, so simpel es klingen mag. Die starke Sehnsucht nach einem eigenen Hund war immer da, denn aufgewachsen mit Hunden war es für mich klar, in meinem Leben irgendwann einen Hund an meiner Seite zu haben.

Mein Beruf hatte es nie erlaubt, die Zeit war einfach nicht da. Nach einem einschneidenden gesundheitlichen Ereignis habe ich meinen Blickwinkel bewusst neu geschärft, den Kompass neu gepolt und mich hinterfragt, ob das, was ich jeden Tag mache, mich und mein Leben in Zukunft wirklich noch bereichert.

Wie Carlos Castaneda schrieb:

Ist dieser Weg ein Weg mit Herz?
Alle Wege sind gleich: sie führen nirgendwo hin.
Ist es ein Weg mit Herz?
Wenn er es ist, ist der Weg gut; wenn er es nicht ist, ist er nutzlos.
Beide Wege führen nirgendwo hin, aber einer ist der des Herzens, und der andere ist es nicht.
Auf einem ist die Reise voller Freude, und solange du ihm folgst, bist du eins mit ihm.
Der andere wird dich dein Leben verfluchen lassen.
Der eine macht dich stark, der andere schwächt dich.
Ein Weg, der kein Herz hat, ist niemals schön.
Du musst hart arbeiten, um ihn auch nur einzuschlagen.

Andererseits ist ein Weg mit Herz sehr einfach; Um ihn gerne zu haben musst du nicht arbeiten.

Wenn Du aus heutiger Sicht zurück blickst, hättest Du es schon früher tun sollen?

Nein, ich glaube, dass alles im Leben ein Prozess ist, der seine Zeit benötigt und uns zu dem Menschen formt, der wir wirklich sein wollen. Wenn wir merken, dass das Korsett, was erst gut passt, doch nach den Jahren einschneidet und uns womöglich keine Luft mehr zum Atmen lässt, dann ist die Zeit gekommen, etwas zu ändern.

Wie bist Du dann bei Deiner beruflichen Neuorientierung vorgegangen?

Ich habe mir 12 Monate Zeit genommen, damit meine Idee reifen konnte. Habe Vorhaben und Projekte beschnuppert und in diese hineingefühlt – was mich aber immer wieder zu mir selbst und meiner Idee zurückgebracht hat. Ich habe den Markt ausgiebig studiert, mich intensiv mit der Materie Hundenahrung und unterschiedlichen Produkten auseinandergesetzt und einen Businessplan sowie eine SWOT-Analyse erstellt. Vor allem habe ich aber mir Zeit gelassen und nichts überstürzt.

Ein Hundeladen in Heiligenhafen. Darauf musste erstmal kommen …

Danke :-)

Dieser Gedanke schlummerte schon immer in mir. Nur wusste ich nicht, an welchem Ort dies mal geschehen kann. Den letzten Impuls gab mir der erste gemeinsame Hund meines Freundes und mir. Eine englische Bulldogge aus dem Tierschutz, die wir zu uns nahmen, als ich meinen gesundheitlichen Kompass neu polte und über die Zeit verfügte, dem Tier gerecht zu werden. Was wir leider nicht wussten, dass unser Hund nach nur 2 Monaten versterben sollte, da er kein Futter verarbeiten konnte und mit seinen 6 Jahren sehr krank war.

So setzte ich mich hin, studierte den Markt, das bestehende Angebot, die Inhaltsstoffe – auf der Suche nach Heilung für meinen Hund. So entstand der Gedanke, meinen Wunsch lebendig werden zu lassen. Qualitativ Nützliches und Wertvolles für unsere Fellnasen in meinem Laden anzubieten, ohne künstlich hinzugefügten Schnick-Schnack. Ohne Gentechnik, ohne Konservierungsstoffe oder Fettketten und ganz besonders ohne Zucker.

Nach Heiligenhafen führte mich damals mein Beruf, genauer gesagt nach Weissenhaus. Nach meiner Zeit bei Lufthansa wechselte ich in das Weissenhaus Grand Village Resort & Spa und merkte, dass dies zwar der richtige Fleck Erde ist, jedoch durch meinen damaligen Herzinfarkt für nicht länger mein Arbeitsweg sein kann. Heiligenhafen wird das Sonnendeck der Ostsee genannt und dieses stimmt zu 100 Prozent. Heiligenhafen ist ursprünglicher als die vielen Orte in der Lübecker Bucht. Heiligenhafen macht frei – ebenso den Blick.

Also ist es jetzt ein Job mit viel Sinn?

Ja, ein Job mit sehr viel Sinn! Es ist mir eine pure Freude, Menschen und deren Hunde durch das Leben zu begleiten. Sei es durch Ratschläge, was das Leben mit einem Hund betrifft oder Ratgeber für das Seelenwohl des Hundes und ebenso der Menschen zu sein. Als Tiervermittler für in Not geratene Hunde und Treffpunkt für Menschen, die ihren Hund als Familienmitglied ansehen.

Für mich ist mein Geschäft mehr als nur kommerzieller Zweck, mal eben ein Halsband oder Futter zu verkaufen. Ich stehe für Liebe zum Detail, Hingabe und Zuhören können. Für Nachhaltigkeit. Für mit Herz ausgesuchte Produkte, die den Menschen erfreuen und dem Hund guttun.

Dogs Style and Love Hundeladen Heiligenhafen

Hattest Du Bedenken oder Ängste? Wie hat Dein Umfeld reagiert?

Als Widderkopf hatte ich absolut keine Bedenken. Mit dem Kopf durch die Wand, „geht nicht gibt es nicht!“ denkend. Ein kurzes Innehalten, ja. Abwägung auch, aber letztendlich war mir bewusst, dass das „Was wäre wenn?“ in meinem Kopf in den nächsten Jahren anstrengender gewesen wäre, als der Sprung in das kalte Wasser der Selbstständigkeit.

Mein Partner, meine Familie und Freunde standen geschlossen hinter mir während der Zeit der Umorientierung und haben mich ermutigt, den Schritt in meine geplante Selbstständigkeit zu gehen.

Welche Stärken und Erfahrungen glaubst Du, haben Dir als Gründerin in der Startphase und bis heute besonders geholfen?

Ich glaube, eine gewisse „Naivität“ hat mir geholfen, den Sprung überhaupt zu wagen. Wie in Deiner letzten Frage schon angedeutet, habe ich alles durchdacht und vorbereitet, habe aber keinen Moment gezögert, mein Vorhaben umzusetzen. Zu viel Denkerei und Zerdenken von Ideen sind tödlich. Das Vertrauen in meine Kompetenz ist es, das mich immer einen Schritt weiter gebracht hat.

Mir haben die Worte von US Moderator und Entertainer Steve Harvey geholfen und immer wieder helfen diese mir im Alltag, denn in nur 6 Minuten erklärt er, dass wir alle mit Talenten und Passionen geboren worden sind – sei es kochen, malen, lehren – wir müssen sie nur finden und ihnen Raum geben.

Was ist Dir im Beruf und im Leben wichtig? Und wie stark ist dies heute erfüllt?

Anerkennung und Zufriedenheit sind mir wichtig. Dieses Gefühl habe ich tatsächlich erst, seitdem ich selbstständig bin. In beiden Bereichen, Beruf und Leben. Ich lebe im hier und jetzt. Wach. In meinem vorherigen Leben sowie beruflichen Leben lebte ich entweder in der Vergangenheit oder weit in der Zukunft. Es konnte mir nie zu schnell gehen, berufliche Veränderungen herbei zu führen (Beförderungen) und dachte damals, dass erst, wenn die nächste Etappe erfüllt sei, wäre ich zufrieden und glücklicher.

Was bedeutet Karriere für Dich persönlich heute?

Karriere kann so vielfältig interpretiert werden. Karriere kann machtlos sowie machtvoll sein, ich denke manchmal, dass wir alle Getriebene sind, die auf dieser steilen, wackeligen Karriereleiter nach oben möchten. Nur was wartet oben? Die beste Aussicht oder doch der Burnout?

Für mich bedeutet heute Karriere etwas anderes als vor fünf Jahren. Für mich bedeutet es, erfolgreich zu sein in dem, was ich mache. In meinem Tempo, mit meinen Mitteln.

Beim Besuch in Deinem Geschäft und unserem Kennenlernen hast Du sehr entspannt und zufriedenen gewirkt, obwohl in der Vorsaison im Ort nichts los war. Wie gelingt Dir das?

Das freut mich sehr! Das bin ich auch wirklich. Obwohl das Arbeitspensum hinter den Kulissen natürlich einen größeren Umfang hat als früher die „12 Stunden und mehr“ Tage als Angestellte und auch die Sorgen eines Selbstständigen manchmal schwerer wiegen als Blei fühle ich mich leicht, wie eine Feder. Ich bin frei. Glücklich. Und das definitiv auch durch die Bereicherung meiner Hunde und meines Partners, der mich über die Maßen unterstützt.

Du hat mir erzählt, dass Du in der Nebensaison zusätzlich jobbst. Was machst Du und wie ist das für Dich?

Dadurch, dass ich meinen Traum lebe und es absolut kompromisslos ist, was ich mache, merke auch ich, dass der Winter bzw. die Nebensaison nicht ganz einfach sind, um finanziell zu überleben. Die Option, alles niederzulegen und zurück in eine gut bezahlte Führungsposition zu gehen – egal, wo auf der Welt – ist für mich indiskutabel. In einen abgelebten Job zurückzukehren, der mich krank machte, ist ebenfalls keine Option.
Also krempelte ich die Arme hoch und begann als Lagergehilfin für meinen lokalen Anbieter für Futter und Leckerlis zu arbeiten. Nachts, da ich ja tagsüber für meine Hunde und den Laden da sein will. Es gab Tränen, definitiv, und auch Momente der Erschöpfung. Doch mein Glaube an meinen Laden, an mich und meine Idee ließen mich die Zähne zusammenbeißen und mitunter auch körperlich an meine Grenzen gehen. Nur heute weiß ich, wofür ich dies alles tue – und es tut mir gut.

Was würdest Du jemandem raten, der sich Gedanken über eine Neuorientierung macht?

Wage es! Zögere nicht und zerdenke nicht deine Möglichkeiten. Sei akribisch in der Vorbereitung und halte unbedingt durch, wenn es zu 100 Prozent dein Wille und Wunsch ist!

Welche Ziele hast Du für die nächsten Jahre?

Mein Ziel ist es, am Markt für viele Jahre zu existieren. Mich zu vergrößern, eventuell räumlich oder auch einen zweiten Laden zu eröffnen.


Vielen Dank, Jule! Ich freue mich, dass wir uns kennengelernt haben und wünsche Dir weiterhin viele Freude und Erfolg in Deinem Traumberuf. 

Weitere Informationen zu „Dogs Style and Love“ finden Sie auf der Homepage sowie auf Instagram.


 

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Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Ein interessanter Artikel. Aber Tage mit 12h und mehr sind auf Dauer nicht sonderlich gesund und auch nicht sehr familienfreundlich. Mit Kindern wäre das jedenfalls schwer zu schultern. Ich wünsche viel Erfolg!

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