kununu-Studie: „Bewerber wollen Transparenz und Schnelligkeit“

Mit meinem Artikel zu den respektlosesten Jobabsagen an Bewerber habe ich neulich wohl ins Schwarze getroffen, die Anzahl der Leser und Ihre Kommentare sprechen Bände. Doch was macht aus Sicht der Jobwechsler einen richtig guten Bewerbungsprozess aus und wie schneiden Arbeitgeber heute dabei ab? Hierzu hat die Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu jüngst eine Studie durchgeführt und auch ein Ranking der bei Bewerbern beliebtesten DAX-Konzerne ermittelt. Mit Johannes Prüller von kununu habe ich über die Ergebnisse sowie seine Perspektive auf den Bewerbermarkt gesprochen.

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Johannes Prüller verantwortet die Unternehmenskommunikation und Pressearbeit von kununu im deutschsprachigen Raum. Mit über 1,2 Mio. Bewertungen zu mehr als 271 Tsd. Unternehmen ist kununu die größte Arbeitgeber-Bewertungsplattform in Europa. Johannes befasst sich intensiv mit aktuellen HR-Themen und Fragestellungen im Bereich Employer Branding. Vor kununu war er als Kommunikationsberater in internationalen Agenturen sowie im Journalismus und im Marketing tätig.

Johannes, was war der Hintergrund der kununu-Studie zur Erwartungshaltung von Bewerbern an den Bewerbungsprozess und wie wurden die Daten ermittelt?

kununu ist die größte Arbeitgeber-Bewertungsplattform in Europa. Wir haben die meisten Bewertungen zu den meisten Unternehmen. Neben der Bewertung des aktuellen oder früheren Arbeitgebers gibt es auf kununu auch viele Bewertungen von Bewerbungsprozessen. Letztere haben wir uns in der vorliegenden Analyse im Detail angeschaut und dazu über 75.000 Daten ausgewertet. Dabei hat sich bestätigt, dass sich mit zunehmender Digitalisierung nicht nur das Verhalten bei der Jobsuche verändert hat, sondern auch die Erwartungen an Unternehmen.

Gab es etwas, das Euch beim Ergebnis besonders überrascht hat?

Die Auswertung zeigt, dass Bewerbungsprozesse nicht immer optimal laufen. In keiner Kategorie erreichen Unternehmen im Schnitt mehr als 3,58 Punkte (von 5 möglichen). Überraschend ist, dass es vor allem im Kommunikationsverhalten der Unternehmen Verbesserungspotenzial gibt. Die Vollständigkeit der Informationen bewerten die Bewerber nur mit 3,07. Auch die Erwartbarkeit des Prozesses erhält im Durchschnitt nur 3,04 Punkte. Dabei sind das genau jene Aspekte, die man als Bewerber wissen will: Wann werde ich das nächste Mal kontaktiert? Wieviele Runden gibt es? Wer wird bei den Terminen dabei sein? Klare Informationen schaffen Orientierung und geben Sicherheit – was wiederum eine gute Candidate Experience ausmacht.

Ein Ergebnis der Studie: Die Zufriedenheit von Bewerbern nimmt mit dem Verlauf des Bewerbungsprozesses immer weiter ab. Das klingt zunächst absurd. Was könnten die Ursachen hierfür sein und was sollten Arbeitgeber besser machen?

Unternehmen wissen, dass sie heute schnell auf eine Bewerbung reagieren müssen. Denn sonst sitzt der Bewerber schon beim nächsten Unternehmen zum Vorstellungsgespräch. Aber Schnelligkeit zu Beginn des Prozesses alleine genügt eben nicht. Entscheidend ist vielmehr, wie der Bewerber den Gesamtprozess wahrnimmt. Das bedeutet, dass das persönliche Verhalten, der wertschätzende Umgang und das Transparentmachen der weiteren Schritte genauso meinungsbildend sind wie die schnelle Kontaktaufnahme nach einer eingehenden Bewerbung.

Auf Platz 1 der Bewertung stehen schnelle Antworten. Auf der anderen Seite sind Bewerber frustriert, wenn sie 30 Minuten nach Hochladen ihrer Bewerbung ein „Passt nicht“ vom Online-Portal ausgespuckt bekommen. Geht es nur um Schnelligkeit, oder auch um das Wie?

Natürlich auch um das Wie! Die digitale Affinität vor allem von jungen Bewerbern wird mittlerweile auch auf Seiten der Unternehmen vorausgesetzt. Auch wenn die Kommunikation schnell und automatisiert passiert, muss sie dennoch persönlich sein. Bewerber sind heute keine lästigen Bittsteller mehr. Und noch viel wichtiger: sie tauschen sich untereinander aus, berichten über ihre Erfahrungen. Das bedeutet, dass potenzielle weitere Bewerber heute im Netz genau nachlesen, wie es anderen Bewerbern ergangen ist – und sich genau überlegen werden, wo sie sich bewerben wollen und wo nicht.

Der Blick in die Bewertungen auf kununu zeigt: Eine schnelle Antwort ist die bestbewertete Kategorie des Bewerbungsprozesses (3,58). Jedoch: schnell allein genügt nicht. Eine wertschätzende Behandlung (3,16), die Professionalität des Gesprächs (3,13), die Vollständigkeit der Informationen (3,07) und die Erwartbarkeit des weiteren Prozesses (3,04) liegen auf den hinteren Plätzen. Die am schlechtesten bewertete Kategorie ist eine zeitgerechte Zu- oder Absage.

kununu Studie Bewerber Erwartungen Arbeitgeber 1

Beim Ranking der DAX-30-Unternehmen hat die Commerzbank gesiegt, thyssenkrupp landet auf dem letzten Platz. Was macht die Commerzbank besser im Bewerbungsprozess?

Wenn wir uns die beiden Unternehmen konkret ansehen, punktet die Commerzbank vor allem mit einem transparenten Bewerbungsprozess. Den Bewerbern werden nicht nur die weiteren Schritte erklärt und zufriedenstellende Antworten auf Rückfragen gegeben, sondern auch zeitgerecht eine Zu- oder Absage kommuniziert. Das sind übrigens allesamt Aspekte, bei denen thyssenkrupp im Ranking hinterherhinkt: die Erwartbarkeit des Prozesses, die zeitgerechte Zu- oder Absage und eine wertschätzende Behandlung werden am schlechtesten bewertet.

Basierend auf den 1.252 Bewerbungs-Bewertungen, die es auf kununu zu den DAX-30-Unternehmen gibt, ergibt sich das folgende Ranking der besten Bewerbungsprozesse:

Kununu Studie Bewerber beliebte Arbeitgeber

BMW, Volkswagen und Daimler zählen regelmäßig zu Deutschlands beliebtesten Arbeitgebern. Können Sie es sich daher leisten, im Ranking der Bewerberfreundlichkeit nur mittelmäßig abzuschneiden?

Ja und nein. BMW, Volkswagen und Daimler profitieren natürlich erstmal von der Strahlkraft ihrer jeweiligen Unternehmens- bzw. Produktmarken. Was noch dazukommt, ist die Attraktivität der gesamten Automobilbranche, die sich mit gesellschaftlich relevanten Fragestellungen wie Mobilität ebenso beschäftigt wie mit Technik oder Design. All das wirkt faszinierend auf Bewerber. Auf lange Sicht könnten sich diese Unternehmen aber wohl auch nicht erlauben, ihre Prozesse nicht auf die Anforderungen der Bewerber auszurichten. Ich bin davon überzeugt, dass sich das irgendwann rächen würde.

Auf kununu geht es um die ganzheitliche Bewertung von Unternehmen als Arbeitgeber. Wie wichtig sind die Bewertungen zum Bewerbungs- im Vergleich zum Arbeits- oder Trennungsprozess für die Besucher Eurer Website?

Wir sehen unterschiedliche Anlässe, warum Bewertungen auf kununu gelesen werden. Laut einer aktuellen Marktforschung mit 2.000 Teilnehmern nutzen unsere User das Portal vor allem bei der Jobsuche, beim Jobwechsel und wenn jemand Informationen über einen bestimmten Arbeitgeber einholen möchte. An vierter Stelle steht die konkrete Suche nach Informationen vor Bewerbungsgesprächen. Was man hier ergänzen muss: Natürlich sind die Bewerbungsbewertungen primär für jene interessant, die sich beim jeweiligen Unternehmen bewerben. Aber wie ein Arbeitgeber im Bewerbungsprozess bewertet wird, hat auch Auswirkungen auf das Gesamtbild des Unternehmens. Und ein potenzieller Bewerber liest natürlich auch die Bewertungen der Mitarbeiter.

Arbeitgeber haben in den letzten Jahren viel in Employer Branding, Gesundheitsmanagement und Bewerbermanagement investiert: Zeigen sich positive Effekte in den Bewertungen auf kununu im Zeitverlauf?

Wenn wir uns das im Zeitverlauf anschauen, sehen wir, dass sich der durchschnittliche kununu-Score über die Jahre im Trend verbessert hat. kununu wurde 2007 gegründet. In diesem Jahr hatten die Unternehmen einen Durchschnitts-Score von 3,00. Aktuell (2016) liegt er bei 3,60 und ist der höchste Jahres-Score, den wir je in der Geschichte hatten. Zum Vergleich: 2015 lag der Wert bei 3,49, das Jahr zuvor bei 3,40. Das bedeutet aber nicht, dass die kritischen Bewertungen weniger geworden sind. Es zeigt vielmehr, dass das Thema Arbeitgeber-Bewertungen in der Gesellschaft angekommen ist und es selbstverständlich geworden ist, neben Produkten und Hotels auch seinen Arbeitgeber zu bewerten. Und das heißt eben auch, den Arbeitgeber gut zu bewerten, wenn etwas toll gelaufen ist. Wir denken, dass die heutigen Bewertungen durch die größere Zahl und diese gewachsene Selbstverständlichkeit des Bewertens tendenziell ausgewogener und authentischer geworden sind.

Zum Schluss der Blick in die Glaskugel: Wie wird der Bewerbungsprozess in 10 Jahren aussehen?

Ich glaube, der Bewerbungsprozess wird sich in Zukunft noch mehr an den Bedürfnissen der Kandidaten orientieren müssen. In manchen Branchen mündet die hohe Nachfrage und das geringe Angebot bereits heute in einem „War for Talents“. Diese Dynamik wird sich in Zukunft weiter intensivieren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Der Arbeitsmarkt wird noch enger und das Match um die passenden Mitarbeiter wird mit Sicherheit härter – in Ballungsräumen ebenso wie auf dem Land. Erfolgreich werden vor allem jene Unternehmen sein, die abseits von austauschbaren Phrasen klar formulieren, was sie auszeichnet und was das Besondere ist, für sie zu arbeiten – und dies unter anderem auf kununu kommunizieren, wo es immer mehr Menschen suchen und lesen.

(Bildquelle: fotolia, #55915939, contrastwerkstatt)

 

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Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare
  1. Das Bild, das kununu als DIE Transparenz-Plattform vermitteln will, muss ich leider etwas eintrüben. Ich hatte letzthin einmal eine Personalvermittler-Firma (fängt mit dem Buchstaben R an und endet mit einem kleinen r) für ihren Prozess bewerten wollen. Das war aber nicht möglich. Die Antwort war: „Aufgrund einer vorliegenden vertraglichen Vereinbarung mit dem Unternehmen R…….. sind Dienstleistungsbewertungen momentan nicht möglich.“ Was dort im Hintergrund noch alles so läuft, denn das Hauptziel v. kununu ist Geld verdienen und nicht altruistisches Handeln, schmälert die Bedeutung dieses Angebotes – meiner Meinung nach.

    1. Hallo Herr Norfolk,
      warum Sie die Bewertung nicht abgeben konnten, kann ich nicht beurteilen. Grundsätzlich schließt sich ehrliche Transparenz mit Gewinnerzielungsabsicht jedoch für mich auch nicht aus. Ich fand die große Datenbasis und deren Auswertung mit Fokus auf den Bewerbungsprozess interessant für das Interview.
      Viele Grüße
      Bernd Slaghuis

    2. Hallo Herr Norfolk,

      tut mir leid, dass Sie hier nicht zufrieden waren. Ich darf dazu vielleicht kurz ergänzen: Die von Ihnen genannte Firma kann von Arbeitnehmern und Bewerbern sehr wohl bewertet werden. Was aber tatsächlich nicht möglich ist, ist eine Bewertung der Dienstleistung durch einen Kunden.

      Viele Grüße aus Wien
      Johannes Prüller

  2. Ich bedanke mich für den wie immer spannenden Artikel. So sehr ich das Konzept von Kununu begrüße, sehe ich da doch eine Schwierigkeit. Weniger in den Bewertungen zum Bewerbungaprozess, die ich weniger beurteilen kann. Sondern eher in den Bewertungend er Angestellten eines Unternehmens:

    Ich war drei Jahre lang in einem Unternehmen im Online-Marketing tätig. Natürlich kannte man dort Kununu – und erhielt Top-Bewertungen. Allerdings: Intern gab es keinen Mitarbeiter, der mit seinem Job zufrieden war. Der Job: Eine Katastrophe, niemand blieb länger als notwendig. Nach außen durfte das natürlich nicht dringen. Also wurde die PR Abteilung aktiv. Letzten Endes machten sich einige Mitarbeiter und Ex-Mitarbeiter auf Kununu Luft. Diese kritischen Stimmen gehen aber recht schnell zwischen den positiven Lobhudeleien im PR-Sprech unter. Klar, wer’s kennt kann da differenzieren. Aber als Gesamtwertung ist die Firma eben ein Top Arbeitgeber. Schade eigentlich, dass mit solch einem Aufwand Manipulationen betrieben werden. Statt das Betriebsklima direkt zu verbessern.

    1. Hallo Herr Lehm,

      danke für Ihr Feedback, da bin ich absolut Ihrer Meinung!

      Die Zufriedenheit der Mitarbeiter und die Auswahl an guten Bewerbern werden ja nicht größer, nur weil sich eine Firma möglichst toll präsentiert. Wenn die Substanz dahinter nicht stimmt, wird das im Netz heute gnadenlos offengelegt und abgestraft. Denn die Digitalisierung hat eine völlig neue Transparenz in die Arbeitswelt gebracht.

      Ich denke aber auch, dass nicht-authentische positive Bewertungen von den Usern schnell als solche wahrgenommen werden – der Schuss geht also nach hinten los.

      Viele Grüße aus Wien
      Johannes Prüller

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