Ex-Personalchefin: „HR muss weg vom Verwaltungsimage“

Auf Sandra Gausmann bin ich vor einigen Wochen das erste Mal aufmerksam geworden, als sie in ihrem Blog „Blickwinkel“ einen interessanten Beitrag über Job-Interviews veröfftlichte. Perspektivwechsel meets Blickwinkel – das fiel mir sofort dazu ein und die Idee für dieses Interview war geboren. Denn Sandra hat zuletzt als Personalchefin gearbeitet und ist nun nach der Insolvenz ihres Arbeitgebers selbst zur Bewerberin geworden. Ein neuer Blickwinkel und ein für sie und ihre Arbeit erkenntnisreicher Perspektivwechsel, über den sie ziemlich unverblümt in ihrem Blog schreibt. Sie hat mit mir über ihre spannendsten Erkenntnisse, über die Suche nach Wollmilchsäuen, das Trend-Thema Employer Branding sowie über die Herausforderungen gesprochen, die auf HR in den nächsten Jahren zukommen werden. Und sie ist sich sicher: „HR muss weg vom Verwaltungsimage“.

Hallo Sandra, bitte stelle Dich kurz vor.

Hallo Bernd, erst einmal vielen Dank für dieses Interview! Ich bin seit 9 Jahren Personalerin „mit Herzblut“ und konnte in verschiedenen Bereichen der Personalarbeit Erfahrungen sammeln. Meine Schwerpunkte waren meist Themen wie Recruiting, Personalentwicklung, Employer Branding, interne Kommunikation und eine ganze Reihe an IT-/HR-Projekten. Dabei habe ich in großen Konzernen, in mittelständischen und auch in sehr kleinen Unternehmen gearbeitet und kann sagen, dass die Personalarbeit jedes Mal eine andere war.

Zuletzt war ich bis zur Insolvenz des Unternehmens für die Juwi MacMillan Group tätig, einer Agentur, die vor allem Apps entwickelt hat. Dort habe ich durch die Abwicklung des Unternehmens die eher „unschönen“ HR-Themen, wie z. B. eine Massenentlassung und viele arbeitsrechtlichen Themen übernommen. Nun gibt es die Firma leider nicht mehr, was auch der Grund ist, weshalb ich nach einem neuen Job suche. In meinem Blog berichte ich nun über meine Erfahrungen während der Jobsuche. Ich erlebe Schockierendes, einiges hat mich zum Lachen gebracht, aber auch oft nachdenklich gemacht. Ich bin von der Personalerin zur Bewerberin geworden.

Du wechselst in Deinem Blog „Blickwinkel – Vom Personaler zum Bewerber“ die Perspektive. Welche drei wichtigsten Erkenntnisse ziehst Du aus Deinen aktuellen Erfahrungen?

Die erste Erkenntnis, die ich relativ schnell gewonnen habe ist, dass in Personalerkreisen viel darüber gesprochen wird, dass die Personalarbeit sich ändern muss, jedoch ganz oft der Transfer dieser Erkenntnisse in die Praxis nicht gelingt. Zum Beispiel benennen einige Unternehmen ihre Referenten in „HR Business Partner“ um, die Tätigkeit und das Aufgabenfeld ändern sich jedoch nicht. Hier müsste mit der Umbenennung des Titels auch ein neues Rollenverständnis verknüpft werden, ansonsten kann man sich solche Maßnahmen sparen. Oder auch beim Thema Außenwirkung: da stehen Worthülsen auf Karriereseiten oder Broschüren, aber nichts davon wird im Unternehmen wirklich gelebt. Das ist wenig authentisch und hat nichts mit der Bildung einer Arbeitgebermarke zu tun.

Meine zweite Erkenntnis: Leider gibt es immer noch Personaler und Führungskräfte, die Bewerbungsgespräche nicht auf Augenhöhe führen. Ich dachte eigentlich, dass diese Spezies ausgestorben wäre, aber da habe ich mich geirrt. Mir ist es gleich mehrmals passiert, dass es eher um Machtdemonstration ging und nicht darum, mich als Menschen wirklich kennen zu lernen. Das hat vielleicht auch etwas damit zu tun, dass ich als Personalerin mit Personalern spreche und oft das Gefühl hatte, man sieht mich als Konkurrentin und nicht als potenzielle Kollegin. Aber gegenseitiger Respekt sollte auf jeden Fall in einem Gespräch selbstverständlich sein. Und: der Zusammenhang zwischen Candidate Experience und Image ist einigen Personalern anscheinend immer noch nicht klar geworden.

Die dritte Erkenntnis ist, dass Unternehmen oft unflexibel sind, wenn sie keinen passenden Kandidaten auf ihre Stellenausschreibung finden. Und mit passend meine ich hier: die eierlegende Wollmilchsau, die wirklich alle Punkte in der Stellenausschreibung zu 100% erfüllen kann. Ich habe festgestellt, dass Stellenausschreibungen gefühlte Ewigkeiten online sind, dass ich aber als Bewerberin z. B. eine Absage bekomme, weil ich noch „keine Erfahrungen in komplizierter Betriebsratsarbeit habe“. Das stimmt, ich hatte immer Betriebsräte auf Kuschelkurs oder gar keinen Betriebsrat. Aber: die genannte Stelle ist seit 8 Monaten (!) online. Jetzt wird zusätzlich noch über verschiedene Personalberater gesucht. Mal im Ernst: in 8 Monaten hätte ich mich locker eingearbeitet.! Aber es scheint, als wolle man nicht gleich zu Anfang in den neuen Mitarbeiter investieren. Sehr schade. Unternehmen sollten hier flexibler werden. Es bedarf Einarbeitungskonzepte und individuelle Schulungen für neue Mitarbeiter. Zusätzlich sollte auch über Modelle wie Job-Sharing oder flexible Arbeitszeiten bzw. die Integration von Teilzeitkräften nachgedacht werden. Es scheint aber, dass oft die Wollmilchsau als einzige Möglichkeit gesehen wird, eine Stelle zu besetzen – oder eben auch nicht zu besetzen.

Angenommen, du arbeitest wieder als Personalerin. Gibt es etwas, was Du dann vor dem Hintergrund Deiner heutigen Erfahrungen als Bewerberin anders als früher machen würdest?

Ja, auf jeden Fall. Ich habe mir in der letzten Zeit viele Gedanken darüber gemacht, wie ich zum Beispiel Bewerbungsgespräche führen würde. Also auf Augehöhe – so viel ist klar. Aber brauchen wir wirklich immer noch dieselben dummen (sorry) Fragen nach Stärken und Schwächen? Oder „Warum haben sie sich bei uns beworben?“ Soll der Bewerber wirklich den Lebenslauf von der Grundschule an herunter beten? Ich werde zukünftig versuchen, den Bewerber besser kennenzulernen, indem ich mit ihm aktuelle Fragestellungen aus seinem Aufgabengebiet bespreche, ihn nach Lösungsvorschlägen und seiner Meinung zu verschiedenen Themen frage und schaue, wie er das eine oder andere Problem angehen würde.

Außerdem werde ich versuchen, dem Kandidaten einen Einblick in seine künftige Arbeitswelt zu verschaffen. Warum kann ein Bewerber nicht einfach mal einen Tag mit einem Kollegen „mitlaufen“? Oder man zeigt z. B. auch mal eine Unternehmenspräsentation. Fragerunden mit Kollegen könnten veranstaltet werden … und und und … Ich habe da sehr viele Ideen. Man sollte nicht vergessen, dass man sich als Unternehmen ja auch bei dem Kandidaten bewirbt. Also: Klar kann man offene Fragen zum Lebenslauf klären, aber ansonsten packe ich ihn demnächst weg ;-)

Außerdem werde ich in Zukunft – sollte ich für den Bereich Recruiting verantwortlich sein – eine Art Qualitätssicherung einführen und den Dialog auch zu solchen Bewerbern suchen, die nicht eingestellt wurden. Ich möchtge wissen, wie ihre Erfahrungen während des Bewerbungsprozesses waren und diesen so sukzessive weiterentwickeln.

Und was ich auch für mich mitgenommen habe ist, dass man davon abrücken sollte, die eierlegende Wollmilchsau finden zu wollen (hatte ich ja schon beschrieben). Flexibilität ist das Stichwort: Teilzeitmodelle (auch Altersteilzeit), Job-Sharing, Kinderbetreuung, die Suche nach internen Kandidaten, Nachwuchsförderung – alles das wird immer wichtiger werden, um in Zukunft Positionen erfolgreich besetzen zu können.

Du wünschst Dir mehr frechmutige Personaler, die den Blick über den Tellerrand hinaus werfen. Wohin sollten sie frechmutig blicken?

Genau, ich wünsche mir Personaler, die für ihren Job brennen, die etwas verändern wollen. HR muss weg von dem „Verwaltungsimage“, denn wir können so viel mehr. Ziel sollte es sein, in Businessprozesse eingebunden zu werden, Sparringspartner für Fachabteilungen und Führungskräfte zu sein, gemeinsam Budget- und Personalplanung zu machen etc. Eben „Partner“ für alle personalwirtschaftlichen Prozesse zu sein. Sich ein Standing zu erarbeiten ist hier unabdingbar – und das geht nur mit Frechmut. Zeigen, dass HR sich nicht „einmischen“ möchte, sondern dass wir einen echten Mehrwert bieten können. Das ist es, wohin wir Personaler frechmutig blicken sollten. Und Frechmut bedeutet für mich auch, die eigene Arbeit zu reflektieren und neue Wege zu gehen. Mehr Aktivität und Kreativität bei der Bewerbersuche ist erforderlich, mehr Einsatz bei der Mitarbeiterbindung. Vielleicht auch mal Dinge tun, die kritisch beäugt werden, etwas „wagen“. Wer sich ausruht, verliert!

Alle sprechen heute von Employer Branding. Ist das alles heiße Marketing-Luft, die jetzt auch im HR angekommen ist oder was steckt aus Deiner Sicht tatsächlich dahinter?

Ich würde nicht sagen, dass es nur heiße Luft ist, denn wenn man über die Bindung und Gewinnung von Mitarbeitern nachdenkt (was HR ja tun sollte), ist es nur logisch, durch verschiedene Maßnahmen ein Unternehmen attraktiver machen zu wollen. Aber Employer Branding (und auch die Diskussion darüber) wird überflüssig, wenn es falsch verstanden wird.

Während meiner Jobsuche hatte ich bisher oft das Gefühl, dass Unternehmen mit Employer Branding die (HR-)Marketing Maßnahmen nach Außen meinen, also Marketingmaßnahmen zur Gewinnung von Mitarbeitern, Imagekampagnen, Webauftritte etc. Aber leider wird hier vergessen, dass Employer Branding vor allem auch Maßnahmen nach Innen beinhaltet, die zur Mitarbeiterbindung dienen. Darauf wird meiner Meinung nach viel zu wenig Wert gelegt. Es scheint, als läge das Augenmerk eher auf den potenziellen Arbeitnehmern und nicht auf den bereits vorhandenen Mitarbeitern. Das ist sehr schade, denn:

Das heißt also: Sind die vorhandenen Mitarbeiter zufrieden und schätzen die Benefits des Unternehmens, dann kann ich das nach außen tragen. Gehören Entwicklungsmaßnahmen und ein gutes Betriebsklima zur Unternehmenskultur, kann ich dies auch so kommunizieren.

Ich glaube aber im Allgemeinen, dass manche Ansätze des Employer Brandings einfach falsch sind. Wenn ich als Bewerber eine Karriereseite besuche und dort ganz viele Mitarbeiter sehe, die super spannende Jobs haben und davon in Videos erzählen, durch die Welt jetten, technisch top ausgerüstet sind, immer Spaß haben, sich dabei noch selbst entfalten, dann frage ich mich als Bewerber: Toll, aber was hat das mit meinem Job zu tun? Nix. Für solche Videos wurde enorm viel Geld ausgegeben, aber: braucht sie wer?

Genau wie schwammige Formulierungen über das Unternehmen auf Karriereseiten oder in Stellenausschreibungen, wie z. B. „Wir holen Sie dort ab, wo Sie stehen“, oder „individuelle Entwicklungsmöglichkeiten“, „dynamisches Team“ bla bla bla … Das kann alles oder nichts heißen.

Wenn wir so Employer Branding verstehen und auf dieser Ebene diskutieren und nur zählt, wer am meisten Geld für HR-Marketing ausgeben kann, dann ist die Diskussion darum definitiv nur heiße Luft.

Mir als Bewerber ist es wichtig, zu erfahren, was das Unternehmen für mich spannend macht. Harte Fakten (Aufgaben, Entwicklungsprogramme, Einarbeitung, Arbeitszeiten, Benefits, Unternehmenskultur …) So müsste Employer Branding meiner Ansicht nach viel individueller und auf die Position bezogen werden, um nicht überflüssig zu sein.

Mir fehlt hier die Empathie: Kann ein Unternehmen oder HR sich nicht in die Lage der Bewerber hinein versetzen? Ich behaupte: Oft ist es ihnen gar nicht wichtig!

Welche Herausforderungen siehst Du auf HR in den nächsten Jahren zukommen und wie sollten Unternehmen Deiner Meinung nach hierauf reagieren?

Ich denke, dass sich das Recruiting vor allem noch weiter verändern muss, denn die Bewerbersuche wird zukünftig anders werden. Neue Technologien, neue Wege der Kandidatenansprache – darauf müssen Unternehmen und Personaler sich vorbereiten. Stellenausschreibungen werden mehr und mehr verschwinden, so dass Personaler deutlich aktiver suchen müssen.

Unternehmen brauchen gute Programme für Studenten, Absolventen oder Azubis sowie Nachwuchsförderungskonzepte, um besser auch aus den eigenen Reihen Positionen besetzen zu können. In diesem Zusammenhang sind für mich Employer Branding Maßnahmen zur Bindung von Mitarbeitern wichtiger als tolle Marketingkampagnen für die Außenwirkung.

Darüber hinaus muss HR auf den demographischen Wandel reagieren. Altersteilzeitmodelle werden immer wichtiger, hier brauchen Unternehmen viel mehr Flexibilität. Das gilt auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Kinderbetreuungskonzepte und flexible Arbeitszeiten sind unabdingbar, wenn Mütter (oder auch Väter) nach der Elternzeit wieder arbeiten möchten.

Und eine weitere Herausforderung für HR besteht darin, nicht mehr nur Dienstleister, sondern wie schon beschrieben ein Partner auf Augenhöhe für das Management, die Führungskräfte und Mitarbeiter zu sein. Ziel sollte es sein, künftig stärker als Mitentscheider und Berater zu agieren.

Viele Bewerber lesen meinen Blog. Gibt es etwas, was Du ihnen vor dem Hintergrund Deiner beiden interessanten Perspektiven mit auf den Weg geben möchtest?

Ja. Es gibt immer mal Erlebnisse, wie ich sie auch in meinem Blog beschreibe: Absagen, schlechte Gespräche, Dinge, über die man sich nur wundern kann. Man sollte sich immer vor Augen halten, dass das nicht unbedingt etwas mit der eigenen Qualifikation oder Person zu tun hat und sich davon nicht entmutigen lassen. Meist kann man über die Ursache dieser Erlebnisse eh nur spekulieren und weiß nicht, was ein Unternehmen oder einen Personaler zu der einen oder anderen Entscheidung getrieben hat.

Wichtig ist, dass man auch als Bewerber ein neues Rollenverständnis verinnerlicht: Es ist durchaus legitim, Fragen zu stellen und sich einen Einblick in die Abteilung oder das Unternehmen zu wünschen. So ein Arbeitgeber muss einem ja schließlich auch gefallen. Und es ist durchaus in Ordnung, auch selbst die Entscheidung zu treffen, dass es vielleicht nicht passt. Ich denke, Bewerber sollten selbstbewusster auf Unternehmen zugehen und im Gespräch auftreten, denn schließlich wollen beide Seiten etwas voneinander. Das sollten sich Bewerber stärker vor Augen halten.

 (Bildnachweis: 123rf.com, 7533400, HONGQI ZHANG)

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Dr. Bernd Slaghuis

Ich arbeite als Karriereberater & Bewerbungscoach und habe mich auf Themen rund um die Karriereplanung und berufliche Neuorientierung spezialisiert. Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf sowie im Bewerbungsprozess begleitet - über alle Hierarchieebenen und Branchen hinweg - Online oder in meinem Kölner Büro. Meine Erfahrungen teile ich hier im Blog, in meiner SPIEGEL-Kolumne sowie als XING Insider und LinkedIn Top-Voice.

Dieser Beitrag hat 12 Kommentare
  1. Ziemlich mutig, Frau Gausmann, hier und besonders in Ihrem Blog so offen über Ihre Erlebnisse als Bewerberin zu plaudern. Das kann sicher in der Folge die eine oder andere unschöne Erfahrung mit sich bringen: Weil man Sie besonders kritisch unter die Lupe nimmt oder Sie im Einzelfall vielleicht nur deswegen zum Vorstellungsgespräch einlädt, weil man sich die „Nestbeschmutzerin“ mal live angucken muss – die Bad-Cop-Geschichte aus Ihrem Blog würde ich unter dieser Rubrik verorten …

    Ansonsten musste ich beim Lesen gleich an einen eigenen Blog-Beitrag denken, den ich vor ein paar Monaten schrieb: Fünf Dinge, die Personaler von Vertrieblern lernen können: http://www.allesverhandlungssache.info/2014/06/funf-dinge-die-personaler-von.html
    Die Überschrift hier ergänzend: HR muss weg vom Verwaltungs-, hin zum Sales-Job!

    Bleibt noch, Ihnen baldigen Erfolg bei Ihrer Jobsuche zu wünschen – was ich hiermit tue!

    1. Hallo Herr Stein,
      sollte es so sein, nehme ich dieses „Risiko“ gerne in Kauf. :-) Denn mit oder für Personaler, die mich als „Nestbeschmutzerin“ bezeichnen, möchte ich auch nicht arbeiten. Der Sinn meines Blogs ist es nicht, das Nest von jemandem zu beschmutzen (ich würde niemals Namen nennen etc.), sondern zu zeigen, dass sich HR in der Praxis oft noch nicht verändert hat und Augenhöhe nicht selbstverständlich ist. Ich möchte transparent machen, dass wir alle ganz viel diskutieren, aber HR dennoch wie vor 10 Jahren gelebt wird (mit echten „No Go´s“). Obwohl sich die Ansprüche und Erwartungen an HR stark verändert haben. Ziel ist es, zu diskutieren und Denkanstöße zu geben- und gerne diskutiere ich auch mit Kollegen, die meinen Blog oder mich kritisch beäugen.

      Aber: das Augenmerk sollte weniger auf mir liegen, sondern auf den (zahlreichen) Bewerbern, die auch (wie ich) schlechte Erfahrungen im Bewerbungsprozess machen. Denn genau diese Erfahrungen werden durch Plattformen wie kununu etc. sichtbar- und zwar im Zusammenhang mit dem jeweiligen Unternehmen. Ich stehe für meine Meinung in meinem Blog, andere Bewerber verewigen sich anonym auf Bewertungsplattformen. Jetzt meine Frage: wen sollte man mehr im Blick haben? ;-)
      Liebe Grüße,
      Sandra Gausmann

      1. Hallo Frau Gausmann, vielen Dank für die ausführliche Antwort. Und da ich Ihnen in allen Punkten zustimme, erübrigt sich jeder weitere Kommentar … ;-)
        Beste Grüße
        Heiko Stein

  2. Hallo Bernd,
    wow, endlich einmal eine HR-Partnerin, die sich mit einem Blog sichtbar macht und klare, verständliche Antworten gibt. Davon können sich die zahlreichen unsichtbaren HR-Profis (noch nicht mal ein Xing-Profil) eine fette Employer-Branding-Scheibe abschneiden.
    Danke für dieses Interview.

  3. Hallo Sandra, Hallo Bernd,

    auch ich bedanke mich für die charmante Offenheit in diesem Interview und in Deinem Blog, liebe Sandra. Interessant ist doch, dass sich wirklich sehr viele Menschen in solchen Gesprächssituationen wiederfinden. Sehr traurig und unverständlich, aber die Realität. Für mich gibt es da nur ein persönliches Patentrezept: ICH führe das Gespräch! Das nehme ich wörtlich. Ich bin Vertrieblerin und wenn ich mich bewerbe verkaufe ich meine Fähigkeiten und Stärken im Bewerbungsgespräch. Wie verkaufe ich? Ganz einfach: ich stelle Fragen, um zu wissen WAS mein Gegenüber für ein Bedürfnis hinter dem geäußerten Bedarf hat. Tja, ich kann nur sagen: für manche ist das vielleicht ein wenig ungewöhnlich, für manche auch ungemütlich. Die, die das ungewöhnlich finden, aber sich darauf einlassen, für die und ja, NUR für die bin ich die passende Bewerberin. Für die anderen und vor allem für die, die das ungemütlich empfinden habe ich nur eine kurze und effektvolle Lösung: Ich breche das Gespräch möglichst schnell ab. Ich habe in meinen 30 Berufsjahren bereits häufig Bewerbungsgespräche „geführt“ und auch das ein oder andere von mir aus abgebrochen. Denn: auch das Bewerbungsgespräch ist wie die Arbeitszeit in erster Linie auch Lebenszeit! Warum sollte ich mehr von einem Unternehmen (oder auch einem Kunden) erfahren wollen, dessen eigentlicher Bedarf nicht mit meinem Angebot kompatibel ist? Muß ich Kühlschränke an Eskimos verkaufen? Muss ich nicht. Im Zweifel dauert es länger bis ich den passenden Job gefunden habe, aber es ist allemal nachhaltiger und gesünder. Und zwar für beide Seiten!

    Um es nochmals auf den Punkt zu bringen: es ist mir lieber innerhalb der ersten 15 Minuten für mich klar zu haben, dass ich mich nicht wohl fühle und allen Beteiligten damit unnötig vergeudete Lebenszeit erspare, als dass ich mich händeringend für einen Job verbiege, jedes Wort auf die Goldwaage lege bevor es meinen Mund verlässt, um nur ja nicht als unpassend empfunden zu werden! Wenn es nicht passt, will ich das möglichst schnell wissen, dann kann ich umso schneller entscheiden. Denn wie Du es so schön formuliert hast: ICH kann erst nach dem Gespräch sagen, ob das Unternehmen zu mir passt und ob ich in das Unternehmen passe. Das beginnt mit der Auswahl der Gesprächsteilnehmer. Ich möchte beim ersten Gespräch die Möglichkeit haben, meinen Arbeitsplatz zu sehen bzw. den Betrieb gezeigt zu bekommen und mindestens einen späteren Teamplayer kennen zu lernen. Ist das nicht möglich, dann stimmt was nicht. Keine Zeit? Dann nehmt Sie Euch oder bereitet Euch mit Telefoninterviews, die vorausgehen, auf den potenziellen neuen Kollegen vor…es gibt so viele schöne Möglichkeiten ein Bewerbungsgespräch zu führen. Ja, fragt im Zweifel kundenorientierte Vertriebler wie die es täglich schaffen, mit ihren Kunden auf Augenhöhe zu bleiben…ansonsten: verkaufen sie nämlich NUR über den Preis! Das will keiner.

    Ich wünsche Dir bei Deiner Jobsuche weiterhin viel Erfolg! Bleib wie Du bist und finde Deinen Weg…vielleicht auch ohne Arbeitgeber…wenn es Dein Weg ist.

    Und Bernd, danke für dieses schöne Interview und den Tipp zu Sandras Blog. Wahrlich eine Bereicherung!

    Viele Grüße und eine empathische Zeit wünscht Euch, Ute

  4. Hallo Ute,

    vielen lieben Dank!
    Deinen Einstellung finde ich genau richtig, Ich hab schon oft in den ersten Minuten in Bewerbungsgesprächen gemerkt, dass es nicht passt. Also, warum sollte man dann nicht abbrechen? Nachdem ich dienen Kommentar gelesen habe, musste ich mich auch selbst fragen, warum man in so einer Situation immer noch „durchhält“ bzw. das Gespräch zu Ende führt, obwohl man das Ergebnis bereits kennt… Mich würde interessieren, wie dein Gegenüber reagiert hat, als du ein Gespräch beendet hast…

    Ich denke auch, dass man sich auf keinen Fall für einen Job oder Arbeitgeber verbiegen sollte. Deshalb dauert wohl auch meine Jobsuche länger. Aber es ist genau wie du sagst, vielleicht kann ich auch mein eigener Arbeitgeber sein :-) Darüber denke ich gerade nach.

    Liebe Grüße,
    Sandra

    1. Liebe Sandra,

      vielen Dank für Deine Antwort auf meinen Kommentar. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Du interessierst Dich für die Reaktion meiner Gegenüber, wenn ich Gespräche abgebrochen habe? Das kam auf das jeweilige Gegenüber an ;-)

      Die meisten waren erstmal verwirrt und kamen ins Stocken. In so einer Situation ist das menschlich. Einige wenige reagierten gar ungehalten und spiegelten ihre narzisstische Kränkung in Perfektion wieder. Damit hatte ich dann zumindest erneut eine Bestätigung meines Bauchgefühls. Ich möchte nochmals betonen, dass ich diese Art der Gesprächsführung in keiner Form provokant verfolge, sondern selbstbewusst und willensstark. Ich kenne den Unterschied ;-)

      Wichtig ist, den Erfolg nicht aus den Augen zu verlieren (ich sage ganz bewusst nicht Ziel…das klingt mir zu eindimensional) Vorher ist es wichtig, sich über genau diesen Erfolg Gedanken zu machen. WIE definiere ICH diesen Erfolg? Die meisten haben nur das Ziel, einen Job zu bekommen…Leute: Dann bekommt Ihr auch nur einen JOOOB!

      Was wollt Ihr wirklich? Klar werden und auch so kommunizieren, dann hat das Gegenüber auch eine Chance der Einschätzung und vor allem: Du hast selbst eine Einschätzung oder das besagte „Bauchgefühl“. Das ist nämlich eines der besten Glücksvermittler und Transmitter.

      Wer hat unterm Strich etwas davon, in einem Unternehmen zu landen, das nicht passt? Keiner! Macht Euch immer wieder klar warum Ihr wechselt bzw. wenn Ihr Euch aus der Arbeitslosigkeit bewerbt, steht trotzdem dahinter was ihr wirklich braucht. Ansonsten ist der vermeintliche Erfolg nicht nachhaltig und ihr sucht erneut oder weiter…

      Last but not least: Seid ehrlich zu Euch selbst. Wenn es nirgends passt, dann ruhig mal über eine Selbstständigkeit nachdenken. Keine Sorge: Beim Nachdenken passiert nicht nichts, sondern so einiges ;-)

      In diesem Sinne wünsche ich Dir viel Erfolg auf DEINEM Weg, liebe Sandra.
      Bernd hat ihn ja bereits gefunden :-)))) Danke, dafür!

      Herzliche Grüße, Ute

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